Catch us if you can! Rugby England vs New Zealand All Blacks at Twickenham!
New Zealand All Blacks, Rugby Add commentsSchon seit längerer Zeit habe ich einen England Sporttrip mit Freund Bernd geplant, den wir jetzt am Wochenende endlich in die Tat umgesetzt haben. Natürlich hatten wir das Ziel bei so einer Reise möglichst viel zu erleben, möglichst auch verschiedene Sportarten. Das letzte Wochenende bot sich dafür geradezu optimal an, denn zum einen gab es ein echtes Highlight in der Premier League (dazu später mehr) und zum anderen war es der Auftakt der Herbsttour des neuseeländischen Rugbyteams, der All Blacks. Die All Blacks kommen immer im Herbst nach Europa und spielen 4-5 Spiel gegen ausgewählte Länder, meistens gegen die 4 Homenations, also England, Schottland, Wales und Irland.
Bernd war noch nie beim Rugby, das war also schon mal eine gute Gelegenheit. Da ich zudem ein Vertreter der Meinung bin, dass man sich neuen Sportarten auf der Highlightpyramide immer von oben nach unten nähern sollte, war es sogar eine perfekte Gelegenheit!
Also auf nach Twickenham! Twickenham ist das Wembley des Rugbys! Das spannende dabei: Das Stadion kennt ausserhalb der Menschen, die sich für Rugby interessieren keine Sau! Ich hatte vor meiner Rugbyleidenschaft jedenfalls noch nie davon gehört, was vielen so geht, wenn ich davon erzähle. Das ist von daher verwunderlich, weil wir hier über eines der 6 größten Stadien Europas reden! Über 80.000 Zuschauer Fassungsvermögen, größer als Dortmund, größer als Bernabeu, größer als stade de france, größer als Old Trafford. Ein reines Rugbystadion, das größte Rugbystadion der Welt!
Und sowas steht dann wie so ein gelandetes Ufo im einem Vorort von London. Das alleine übt schon mal eine gewisse Faszination aus. In England ist Rugby ausserdem eine echte Hausnummer, was ja leider in Deutschland so gar nicht der Fall ist. Man geht also quer durch diesen kleinen, engen Londoner Vorort und kommt irgendwann am Stadion an. Twickenham! Home of english rugby, der Finalort des Rugby World Cups 2015. Da könnt ihr schon mal alle vorsorglich in Deckung gehen, denn ich werde euch zu dem Event wie ein moderner Wanderprediger mitschleppen.
Ich mag Rugby aus vielen verschiedenen Gründen. Das ist sicher mit die härteste Mannschaftssportart der Welt, dagegen sind Fußballer wirklich alle Sissys. Beim Rugby werden Spieler auf dem Feld behandelt – aber das Spiel läuft trotzdem weiter. Führt dazu, dass sie nur liegenbleiben, wenn sie wirklich ernsthaft was haben. Rugby ist auf dem höchsten Level zudem sehr schnell, sehr aggressiv, gleichzeitig aber in vielen kommerziellen Themen noch ziemlich unschuldig.
Recht schwer zu beschreiben, aber es hat so Elemente, die reine, sportliche Fairness ausmachen. Ein Beispiel: Es gibt im Rugby diese Penalty-Situationen wo ein Kicker den Ball durch die Torstangen schiessen muss. Ein bisschen analog des Elfmeters beim Fußball. Beim Rugby ist es in diesem Moment, auch im allergrößten Stadion, komplett still. Komplett. Einfach um den Kicker in seiner Konzentration nicht zu stören. Sportliche Fairness, egal ob Heim- oder Auswärtsteam. Oder pfeiffen bei einer Hyme… undenkbar in einem Rugbystadion. Oder das Verhalten gegenüber dem Schiri: Nur der Kapitän spricht mit dem Schiedsrichter und der Schiri ist eine absolute Autorität. Meckern oder Lamentieren gibt es nur in einer wirklich super reduzierten Form und nahezu niemals gegen den Ref.
Das sind nur Beispiele, aber klassische Werte wie Respekt spielen insgesamt eine viel größere Rolle und das mag ich. Beim Fußball geht es mir absolut auf den Zeiger, dass sich Spieler immer wie kleine Kinder aufführen und teilweise echt übles Verhalten an den Tag legen. Dazu dann noch Schauspielerei und Theatralik und schon hat man die Seite des Sports, die niemand braucht. Das gibt es beim Rugby halt alles nicht.
England vs New Zealand ist dann auch einfach ein großes Spiel. In Neuseeland ist Rugby alles. Einfach alles. Das ist ihr Spiel und ich liebe es wie die All Blacks das Spiel interpretieren: Sie sind immer auf Punkte aus, es geht immer darum das Spiel breit zu machen, mit dem Ball zu laufen. Offensive um jeden Preis. Europäische Nationen neigen zum Defensivspiel und das ist dann nicht immer attraktiv, aber die Mannschaften aus Ozeanien, vor allem die All Blacks und Australien attackieren immer. Das kann sehr ansehnlich sein.
England hingegen sieht sich selbst als größte Rugbynation der Welt, konnte in den letzten Jahren die All Blacks aber nie schlagen. Das nagt dann natürlich ein bisschen am Selbstvertrauen, aber dieses Jahr haben sie sich richtig was ausgerechnet, weil sie gerade eine junge Mannschaft mit Potential entwickeln. Die Vorzeichen für ein intensives Spiel waren somit ziemlich gut.
Wir sind also erst mal ein bisschen ums Stadion gelaufen, haben die Atmosphäre eingeatmet und Kaltgetränke zu uns genommen. Ein wunderschöner, sonniger Tag in London. Perfektes Wetter für Rugby. Letztes Jahr bin ich da an gleicher Stelle noch richtig weggespült worden, das war dieses mal besser.
Die Tickets hatte ich wie immer von den Neuseeländern. Ich habe glücklicherweise inzwischen einen sehr guten Draht zum neuseeländischen Rugbyverband und dadurch klappt es immer ganz gut mit Tickets für die europäischen Spiele. Es gibt offensichtlich nicht so viele bescheuerte Typen aus Deutschland, die dem Team hinterherreisen, da bleibt man eben nachhaltig in Erinnerung. 😉
God save the queen in Twickenham ist wirklich grandios. Ich habe die Hymne noch nirgendwo so laut gehört wie da. Danach singen die englischen Fans immer noch mit sportlichen Ehrgeiz den Haka der All Blacks nieder und dann kann es auch schon losgehen. Kurzer Eindruck im Bewegtbild:
Ich war sehr neugierig auf den neuen Center der All Blacks, Sonny Bill Williams. Der Name geistert schon eine ganze Weile durchs Land und jetzt konnte er endlich sein Debut im schwarzen Trikot feiern. Gegen England, in Twickenham. Das ist auch mal ein Start. 😉 Ich war deshalb gespannt, weil er diese sehr seltene Kombination aus Speed und Kraft ist. 1.90m, 108 Kg und dann noch ein Sprinter. Gepaart mit Ma’a Nonu (1.80, 110 kg), dem anderen Paket auf Inside Center der All Blacks ist das ein 1-2 Punch, der den englischen Gegenspielern ein paar schlaflose Nächte bereitet haben dürfte. Nonu ist im Prinzip nicht mit einem Spieler zu Boden zu bringen, da macht es sich gut daneben noch so einen zu haben.
Das Spiel begann von englischer Seite etwas müder als ich erwartet hätte. Die All Blacks waren da in den ersten 30 Minuten recht schonungslos unterwegs und haben dementsprechend auch schnell mit 2 Tries 14:00 geführt. Sonny Bill hatte nicht viele gute Szenen, aber er bereitet den ersten Try halt in einer Art vor, die größeres erhoffen lässt. England wurde danach zwar stärker, hatten auch Chancen auf Tries, konnten aber bis zur Halbzeit die starke Defense New Zealands nicht überwinden. Die Stimmung war aber gut. Die Zuschauer gehen da mit und im Rugby ist vor allem die Situation vor der gegnerischen Tryline sehr intensiv. Es kann halt auch mal minutenlanges Anrennen geben. Da geht dann immer so ein Raunen durch die Ränge. Man kann sich das wie eine minutenlange Torchance beim Fußball vorstellen.
Von da an war es dann ein bisschen catch us if you can. Ich hatte nie das Gefühl die All Blacks könnten das Spiel verlieren. England hat in der zweiten Hälfte wirklich gut gespielt, auch Punkte gemacht, aber die Neuseeländer konnten das immer kontern. Am Ende wurde es aber doch noch mal spannend. England war nur 10 Punkte weg und hat gedrückt. Wäre ihnen ein Try nicht aberkannt worden, hätten wir heisse letzte 4 Minuten erlebt. Die All Blacks haben da in der zweiten Hälfte ein bisschen den Fuß vom Gaspedal genommen, womit sie sich fast selbst geschädigt hätten.
So aber haben sie das Spiel mit viel harter, kompromissloser Defense über die Zeit bekommen und letztendlich völlig verdient 27:17 gewonnen.
Ein großartiger Auftakt für unseren Trip! Ich hatte großen Spaß und mein Eindruck war, dass Bernd auch durchaus sehr angetan von dem Sport und der Atmosphäre in Twickenham war.
Nächstes Jahr ist übrigens Rugby World Cup in New Zealand! :))
December 7th, 2010 at 12:01 am
[…] setzen. Bedauerlicherweise! Ich versuche eigentlich immer -sofern es stattfindet – gegen England in Twickenham dabei zu sein, ganz einfach weil Twickenham was besonderes ist. Danach hab ich dann also noch […]