Anfield Road Inside! – Stadionführung beim FC Liverpool

Fußball, Liverpool FC Add comments

Tja, das war eigentlich alles ein bisschen anders geplant, aber dazu später mehr. Wie man am Titel unschwer erkennen kann, war ich am letzten Wochenende nach einer geraumen Weile endlich mal wieder in Liverpool. Zusammen mit Freund Bernd und der echten Improvisation ein Fußballtrips im Gepäck!

Ursprünglich hatten wir den unschlagbaren Plan den FC Liverpool im Merseysidederby gegen Neverton äh… den FC Everton anzufeuern! Das ist eines dieser bedeutenden Stadtderbys, die Reds gegen die Blues, zwei Vereine, die in Liverpool 500 Meter voneinander entfernt angesiedelt sind. Das gibt es in dieser Form, in dieser distanzlosen Art nirgendwo sonst in Europa. Eine unglaublich faszinierende Paarung also, die ich schon eine ganze Weile recht weit oben auf der Liste hatte. Wir hatten dieses besagte Wochenende schon vor einigen Monaten anvisiert und es war alles organisiert: Günstiger Flug, guter Hoteldeal, hey selbst 2 Tickets hatte ich dank der großen Hilfe eines guten Freundes schon in der Tasche. Dem Trip stand also überhaupt nichts mehr im Wege. – Nichts? Wirklich…? Memo an mich selbst: Zukünftig achten wir bei den Planungen wieder etwas mehr auf die englischen Pokalwettbewerbe… – oder überhaupt! Was war passiert? Der FC Liverpool stand wider Erwarten im Halbfinale des Carling Cups gegen Manchester City. Das ist ja jetzt erst mal eine schöne Sache dachte ich mir und aus reiner Neugier habe ich dann mal nachgeschaut, wann denn dieses lustige Carling Cup Finale in Wembley eigentlich wäre. Fröhlich losgegoogelt und auch schnell zum Ziel gekommen: Da stand 26 Februar 2012. Lustig dachte ich, das ist ja nur ein Tag nach dem Merseyside Derby, zu dem wir fahren…. *überleg…* WAAAASSSSSS???????

Also übersetzt bedeutete das nichts anderes als dass bei einem Finaleinzug von Liverpool ganz einfach sofort das Derby abgesagt werden und somit unser schöner Trip ziemlich fix in Rauch aufgehen würde. Keine schöne Ausgangslage. Im Anbetracht der Leistungen in dieser Saison hatte ich den Reds zwar gegen City nur Aussenseiterchancen eingeräumt, habe das aber natürlich von dem Zeitpunkt an genau beobachtet. – Natürlich geht es in so einer Situation dann aber auch nicht soweit, dass ich mir eine Niederlage der Reds wünschen würde. Das fällt logischerweise aus, also hab ich mich einfach mal überraschen lassen. Als sie dann plötzlich im Hinspiel mit einem 1:0 Auswärtssieg zurück an die Anfield Road zum Rückspiel kamen, war mir eigentlich schon völlig klar, dass wir unsere ursprüngliche Planung vermutlich vergessen können. Es wurde dann zwar noch mal eng, aber sie haben Man City geschlagen und sind ins Carling Cup Finale im Londoner Wembley Stadion eingezogen! Liverpool war lange nicht in einem Finale, also habe ich mich echt gefreut. – Blöd eigentlich nur, dass unser nicht stornierbare Plan darauf ausgelegt war wenigstens zwei Nächte in Liverpool zu verbringen. 😉

Wir haben uns kurz darüber unterhalten, dann aber auch sehr schnell entschieden, jetzt einfach das Beste daraus zu machen und trotzdem zu fahren. Es galt also ein Alternativprogramm auf die Beine zu stellen! :) Für mich stand dabei von Anfang an fest, dass ich unbedingt, unbedingt zu diesem Carling Cup Final nach Wembley wollte. Unbedingt! Diese Herausforderung habe ich direkt angenommen, dazu aber in einem folgenden Bericht mehr. 😉

Nachdem uns die mit zu wenig Sitzabstand und zu viel orange ausgestattete Flugdose der Firma Easyjet gut nach Manchester gebracht hatte und wir mit dem Bus eine knappe Stunde später in Liverpool angekommen waren, stand als erstes Eventhighlight die Anfield Road auf unserem Plan. Ich dachte mir: Wenn wir da schon kein Spiel sehen können, machen wir halt ne Stadionführung! :) Das ist eigentlich aus meiner Sicht eine sehr konsequente und einzig logische Reaktion auf eine Spielabsage! Da ich zudem einfach auch nur so um dieses Stadion schlendern könnte, habe ich mich darauf sogar richtig gefreut.

Und um es vorweg zu nehmen: Es war noch viel besser, als ich es erwartet hatte!

Die Führungen finden jeden Tag statt, starten jede Stunde und zum Ticket bekommt man auch noch den Eintritt ins Museum dazu. Das ist also schon mal ein sehr runder Deal! Die zweite, ausgesprochen positive Überraschung haben wir dann beim Beginn der Führung erleben dürfen: In Liverpool macht diese Stadionführungen noch ein richtiger Guide! Wer sich jetzt fragt, warum das was Besonderes ist, muss da einfach mal zum FC Barcelona gehen. Die haben da nen Rundgang im Stadion abgesteckt und drücken einem nen Audioguide in die Pfote. 😉

Der Guide, ein alter Fan der Reds, so ein richtig typischer Scouser, war jedenfalls mal richtig gut drauf und hat einfach eine ganz tolle Atmosphäre erzeugt. Er hat während der ganzen Führung durch die Anfield Road Anekdoten erzählt, viele Fakten parat gehabt und natürlich auch so einige Scherze auf Kosten der Lieblingsrivalen (zu nennen wären hier die Herren Ferguson, Drogba und Terry von Man United und dem FC Chelsea) gebracht. Das war echt ganz großer Spaß, wir haben ziemlich viel gelacht.

Irgendwann betritt man also das Innenleben dieser Kathedrale des rollenden Balls und da waren doch so einige wirklich schöne Details zu entdecken, die ich so nicht erwartet hätte.

Da wäre zum Beispiel der Presseraum zu nennen. Ganz ehrlich, als wir in diesen kleinen, schäbigen Raum, mit halber Küche rein sind, hätte ich Geld darauf gesetzt, dass es lediglich der kleine Nebenpressebereich für die Führung ist und wir den großen, beeindruckenden Raum nicht betreten dürfen. Nun… dem war nicht so. Es gibt nur diesen einen Raum und interessanterweise war das früher der berühmte Bootroom des FC Liverpool! Es würde jetzt zu weit führen die Geschichte dahinter im Detail zu erläutern, aber das war in der größten Zeit des Clubs, unter den legendären Managern Shankly, Paisley und Dalglish ein ganz wichtiger Raum im Stadion.

Von dort ging es dann weiter in den Kabinentrakt. Man muss sich das alles da unterhalb der Haupttribüne ernsthaft wahnsinnig eng vorstellen. Das ist überhaupt nicht fancy und lange nicht so glatt gebürstet, oder sogar komfortabel, wie man es vielleicht bei so einem großen Club unterstellen würde. Das fand ich schon sehr faszinierend.

Für mich ein absoluter Höhepunkt kam aber danach: Die Heimkabine! Klingt jetzt albern, aber ich habe bisher noch nicht sehr oft erlebt, dass man die Heimkabine bei einer Führung überhaupt betreten darf. Meistens haben die Spieler da persönliche Sachen etc. und deshalb zeigen die Guides oft nur die Gästekabine. Das war also schon mal eine positive Überraschung! Die wurde dann aber noch um ein Vielfaches größer, als wir die Kabine betreten haben: Die Kabine war ganz, ganz anders als ich es jemals bei einem so professionellen Club der Premier League erwartet hätte! Es war nämlich total einfach, völlig spartanisch, eine richtig normale Fußballkabine, wie man sie auch in der Kreisliga C am Kamener Kreuz finden könnte, wo sie den Ball über die Autobahn dreschen.

Hammer! Fand ich echt total großartig, dass die sich in Liverpool jeglichen Schnickschnack zum Pampern dieser absolut überbezahlten Fußball-Diven einfach mal komplett schenken! Diese Kabine strahlte keinerlei Komfort aus, dafür aber massig Grundtugenden wie Fleiss und Ehrlichkeit. Auch hier überstrahlt der Geist von Bill Shankly, der diesen Club wie kein zweiter geprägt und auf die Fußball-Landkarte gesetzt hat, alles. Shankly hat nämlich mal gesagt: Die Spieler sind zum Arbeiten hier, vergnügen und bequem machen können sie es sich ja Zuhause nach dem Spiel, wenn wir gewonnen haben. Das war damals richtig und ich glaube es ist heute um so viel wichtiger. Ich finde das ist übrigens ein ganz lässiger Satz.

Tja, und dann steht man in diesem sehr, sehr engen Gang, in dem sich die Spieler beider Teams aufreihen, um gemeinsam ins Stadion einzulaufen, eine schmale Treppe führt unter der Tribüne hindurch und man blickt auf eine Mauer. Der Guide hat uns erzählt, dass sie es absichtlich sehr eng gebaut haben, weil dann der Schall der lauten Fangesänge mit um so mehr Wucht und Dezibel von aussen in diesen Gang gedrückt werden würde und so der Effekt noch mal deutlich verstärkt wird. Da steht also die gegnerische Mannschaft fast auf Tuchfühlung mit den Reds, so eine Lärmwelle fegt gerade über sie hinweg und sie blicken auf eine Mauer auf der steht: “This is Anfield”. Ich schätze selbst den größten Profi wird das nicht wirklich kalt lassen. 😉 Vermutlich ist das auch einer der Gründe, warum Liverpool Zuhause einfach nur sehr, sehr selten ein Spiel verliert. Dieses Stadion ist einfach was ganz Besonderes!

Es ging dann durch diesen Aufgang raus ins Stadion, wo man sofort mehr oder weniger direkt am Spielfeldrand steht, Anfield Road von allen Seiten. Toll, ich liebe dieses Stadion! Kann ich nicht anders sagen, das ist einfach aus meiner Sicht ganz vorne! Eben weil es nicht so groß ist, weil es sehr eng ist, weil es so ist, wie Fußballstadien sein sollten. :)

Wir haben dann kurz auf den Trainerbänken Platz genommen. Die sind in England ja nicht so separat, wie bei uns, sondern eigentlich Teil der Tribüne. Dementsprechend eng sitzen die Trainer beider Teams auch zusammen und noch viel lustiger: Die eigenen Fans sitzen letztendlich auch rund um die gegnerischen Ersatzspieler und Coaches. 😉 Das stelle ich mir insgesamt auch wahnsinnig unterhaltsam vor, in erster Linie natürlich wenn es einer der Manchestervereine zu Gast ist….

Die ganze Stadionführung endet dann auf the Kop, dieser ehrwürdigen Tribüne hinter dem Tor, auf der die treuesten Fans des FC Liverpool stehen. Da ich auf dieser Tribüne aber schon ein paar Mal war, fand ich das eher den etwas weniger spannenden Teil der Stadionrunde. Allerdings waren wir zu dem Zeitpunkt eh schon so komplett mit Eindrücken geflasht, dass es keinen gesteigerte Rolle mehr gespielt hat. 😉

Insgesamt war das für mich (und ich denke auch für Bernd) eine richtig schönes Erlebnis! Ich bin froh das gemacht zu haben und stelle fest, dass Stadionführung doch nicht zwangsläufig seelenlos sein müssen. Auch eine durchaus interessante Erkenntnis!

Von mir ist diese Stadionführung an der Anfield Road also somit eine absolute Empfehlung. Falls man mal in Liverpool ist und gerade kein Spiel statt findet, sollte man sich das nicht entgehen lassen. Es lohnt sich sehr! :)

Für uns war es zudem der perfekte Auftakt und wir sind mehr oder weniger nahtlos in den zweiten Programmpunkt unseres Alternativplans gesprungen: Manchester City im Stadium of Manchester. Der Bericht folgt!

4 Responses to “Anfield Road Inside! – Stadionführung beim FC Liverpool”

  1. Premier League Fußball im Parkhaus: Manchester City v Blackburn 2012 | Livesportfan Blog Says:

    […] sind also nach der grandiosen Führung an der Anfield Road kurz in den Zug gehüpft und die 45 Minuten nach manchester geschaukelt. Zugfahren in England ist […]

  2. Bernd Says:

    Toller Trip und atemberaubend gute Stadionführung. Das war ein großer Spaß!

  3. At Wembley! Carling Cup Final in London 2012 | Livesportfan Blog Says:

    […] den geschilderten zwei wunderschönen Tagen an der Anfield Road und der Parkhausbesichtigung in Manchester, sollte es also am Sonntag entspannt mit dem Zug von […]

  4. Seppi Says:

    Tolle Geschichte ,
    An den Verfasser , es wäre super wenn du mich per Email Kontaktieren könntest , bin bald in Liverpool im Derby gegen ManU und habe soviel Fragen da ich zum ersten mal die Reds live sehe
    Danke Dir
    Sepp

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