Carling Cup Final at Wembley! FC Liverpool v Cardiff City FC

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So, kommen wir jetzt endlich zum großen Highlight unseres England-Trips: Carling Cup Final im Londoner Wembley Stadion zwischen dem FC Liverpool und Cardiff City FC.

Die Vorgeschichte, die Anreise und dann der Tag in London sind allesamt eine eigene Geschichte wert, aber da wir ja alle keine Zeit haben, werde ich das jetzt einfach alles auf einmal erzählen. Fasten your seatbelts, es wird lang, hoffentlich spannend und vermutlich auch hier und da lustig, denn das kam so….

Als Liverpool gegen Manchester City im Januar im Carling Cup antreten musste, hab ich mir eigentlich noch keine sonderlich großen Sorgen um unseren Trip gemacht. Zu stark die Truppe aus City, zu unbeständig in dieser Saison die Mannschaft der Reds. Dann auch noch auswärts im Etihad, da hab ich den Reds nicht viel Chancen ausgerechnet. Das 0:1 in Manchester im Hinspiel hat dann aber doch meine Aufmerksamkeit erregt und ehrlich gesagt hab ich mich da schon mehr oder weniger von dem Derby verabschiedet. Es galt jetzt also schnell umzuplanen und vor allem, ganz wichtig, einen Weg in dieses Wembley Stadion zu bekommen! Ich wollte da unbedingt, unbedingt rein! Vielleicht nicht so sehr wie der Schröder damals an den Gittern vom Kanzleramt gerüttelt hat, aber in der mir eigenen Dickköpfigkeit schon auch mit ziemlich viel Wille.

Nach ein paar Unterhaltungen mit Freunden aus dem Kreis der Redsfans mit vielen Spielen auf den Membercards, wurde mir aber relativ schnell klar: Das wird eine ganz schwierige Kiste, denn keiner von uns hatte ein Spiel im Carling Cup auf der Membercard. Sollte Liverpool dieses Finale erreichen, würde die halbe Stadt vermutlich nach London reisen, zu lange ist das letzte Finale mit Beteiligung der Reds her, zu groß ist der Titelhunger unter den Anhängern des FC Liverpool.

Es galt also im Hinterkopf schon mal einen Plan B zu entwickeln. In diesen Ticketfragen gibt es für mich einen wichtigen Grundsatz und der heisst, man muss teilweise einfach schneller sein als der Rest. – und konsequenter, schmerzbefreiter, risikobereiter. Ich bin bei sowas glücklicherweise ziemlich risikobereit und eigentlich meistens auch schnell. Plan B konzentrierte sich dementsprechend zügig auf das andere Team im Final, den Cardiff City FC. 😉 2 Tage bevor der FC Liverpool das Rückspiel überhaupt bestritten hat, habe ich somit 2 Mitgliedschaften bei Cardiff City abgeschlossen! Zu dem Zeitpunkt hatte ich keine Ahnung, ob Cardiff überhaupt Tickets für reine Mitglieder ausschütten würde, aber die kleine Chance war mir das Risiko und Investment wert. Das war natürlich ein ziemlich weiter Wurf mit der Angel, aber ich dachte mir so: Am Ende müssen wir wenigstens alles mal probiert haben.

Es kam wie es kommen musste: Liverpool setzte sich in einem geilen Rückspiel kurz vor Schluss durch und erreichte das Finale im Wembleystadion zu London! Und in den nächsten Tagen passierte dann das, was ich befürchtet hatte: die ganze Fanschaft der Reds war in heller Aufregung und alle, wirklich alle wollten zu diesem Finale. Liverpool hat dann ziemlich zeitnah die Regeln des Ticketverkaufs mitgeteilt und nach Durchlesen war mir leider klar, dass wir direkt keine, aber auch wirklich keine Chance haben würden an ein Ticket zu kommen.

Ich habe dann in den nächsten Tagen relativ intensiv so ziemlich alles Ticket Schwarzmarktplattformen dieser Welt gescannt und durfte feststellen, dass sich der Preis für ein Ticket schon ganz entspannt in der Größenordnung 400 Pfund aufwärts eingependelt hatte. Das ist ja mal echte eine Hausnummer, oder? Gut, dachte ich mir so, Schwarzmarkt geht auch vor dem Stadion noch (was im übrigen ein totaler Irrtum war, aber dazu nachher mehr…). Weiter beobachtet, aber die Preise in den Börsen waren etwa so steinhart wie der Boden einer trockenen Joeys Pizza. Da ging gar nichts, wenn man sich nicht plündern lassen wollte.

Schwarzmarkt mag ich auch nicht, weil man in England einfach sehr schnell Probleme bekommen kann. Man kann dem Ticket zwar durchaus ansehen, dass es echt ist, aber man kann halt überhaupt nicht sehen, ob der Strichcode nicht inzwischen gesperrt wurde… da kann man bei elektronischen Zugangssystemen, wie es sie in Wembley gibt, sehr alt aussehen. Und wenn man dann da mit so einem 400 Pfund Schwarzmarktticket vor nem roten Licht steht, sieht man glaube ich eher steinalt aus. Wie ein Reh im Volllicht würde ich mal vermuten. Das stand als Situation nicht ganz oben auf meiner Wunschliste, wie ihr sicher verstehen könnt.

Blieb also irgendwann noch mein Plan B, Cardiff City FC. Tatsächlich haben die irgendwann auch mal ihre Verkaufskonditionen bekannt gegeben und da war doch echt für den Sonntag vorm Finale ein Verkauf an normale Mitglieder auf First Come, First Serve Basis angekündigt!! Ich bin mal davon ausgegangen, dass ich mich mit Ticketshops besser auskenne, als der normale Fan vom Zweitligaclub aus Wales und dachte so: Das ist die Chance, die müssen wir nutzen, vermassel es nicht. Ich habe mir diesen Shop einen Tag vorher inklusive Cookielaufzeiten, sehr, sehr genau angeschaut und stand am Verkaufstag dann auch weit vorne in der Schlange. :) Der Verkauf ging los, ich war schnell im Shop, einige Blöcke noch grün und innerhalb von 3 Minuten hatte ich 2 zusammenhängende Tickets zum Originalpreis für zwei unglaublich glückliche Mitglieder von Cardiff City: Bernd und mich! :)) STRIKE!!!! Absoluter Adrenalinschub, alleine dafür muss man diese Ticketjagd ab und an machen. Den Effekt kann man sich ja auf dem öffentlichen Drogenmarkt gar nicht leisten. 😉

Es war also alles super, bis auf die kleine Tatsache, dass am Tag unseres Abfluges noch keine Tickets in der Post waren… Ich war ein absolutes nervliches Wrack! Ich glaube so wie an diesem Freitag habe ich bisher auch noch selten hyperventiliert. Der kleine charmante, aber gnadenlos unprofessionelle Club aus Cardiff hat das ganze dann noch befeuert, indem sie eine Hotlineansage geschaltet haben, die im Prinzip ausdrückte, dass jetzt alle Tickets verschickt wären. AAAARRRRRGGGGHHHHH!!!!

Irgendwann konnten wir nicht mehr auf irgendeinen Kurier warten, wir mussten zum Flughafen. Auf dem Weg dahin habe ich den letzten Versuch gestartet und Heike gebeten, noch mal jemanden aus diesem Vorortclub an die Strippe zu bekommen und mein Leid zu klagen. Und tatsächlich, sie hatte Erfolg (sie ist nämlich toll! :) ) und von so einem lustigen Waliser erfahren, dass sie die Tickets am Stadion hinterlegt hätten. – Es bleibt deren Geheimnis, warum sie so eine Info nicht in ihrer Warteschleife haben. Puh, das war nicht gut für mein Herz.

Nach den geschilderten zwei wunderschönen Tagen an der Anfield Road und der Parkhausbesichtigung in Manchester, sollte es also am Sonntag entspannt mit dem Zug von Liverpool nach London gehen. Eigentlich kein Thema, das ist eine Hauptstrecke und Virgin Trains auch recht zuverlässig. Da wir vor und während dieses Trips ja wie geschildert konstant auf die Probe gestellt wurden, wie sehr wir wirklich nach Wembley wollen, hatte der Fußballgott am Spieltag auch noch eine besondere Überraschung für uns parat…. Wir stehen also so vor dem Hotel, das Taxi zum Bahnhof kommt, der Fahrer steigt aus und sagt zu uns: Alle Züge aus Liverpool sind komplett gecancelt, die Strecke ist komplett gesperrt. WUMM! Da steht man dann so da und das große Rattern oben im Getriebe geht los. Gut, man könnte es auch als Panik bezeichnen. 😉 Erst ungläubig, dann realer. Als dann noch ein Taxifahrer kam und die Geschichte bestätigt hat, war klar, dass wir mal wieder einen Plan B benötigen… und zwar wahnsinnig schnell! Ich habe mit dem Taxifahrer gesprochen, um rauszufinden wo die Sperrung genau ist. Er sagte vor Crewe. Crewe? Crewe? Nie gehört, haben die ne Fußballmannschaft? Wieso kenn ich das Kaff nicht??? Na toll.

In der Situation kam mir dann aber irgendwann meine Reiseerfahrung zu Gute, denn so schlimm eine Situation ist, man kann sie mit der falschen Entscheidung noch schlimmer machen. Schlimmer wäre hier gewesen, uns zum Bahnhof fahren zu lassen und dann dort mit den ganzen anderen Fans, deren Zug abgesagt wurde, nach Optionen zu suchen oder sich um solche zu prügeln. 😉 Ich bin schnell die Bus, Bahn, Mietwagen Optionen durchgegangen, von denen einfach ganz viele auf einen Sonntag sofort ausfielen oder garantiert nicht günstiger wären. Es gilt in diesen Momenten eine weitere Reiseweisheit: Start throwing money at the problem!

Am Ende sind wir also ins Taxi gestiegen und haben dem Kutscher gesagt er solle uns dann jetzt mal rapido nach Crewe fahren. 😉 50 Meilen ausserhalb von Liverpool im übrigen, was ich allerdings erst während der Fahrt auf dem iPhone mühsam rausbekommen habe. In Deutschland wäre das die scheissteuerste Taxifahrt meines Lebens geworden, in England ist es glücklicherweise günstiger und war dadurch… nun, trotzdem die scheissteuerste Taxifahrt meines Lebens! 😉

Immerhin hatten wir zeitlich Vorsprung vor all den Liverpoolfans am Bahnhof, die noch eine Option suchten, was sich nach ca. einer Stunde in Crewe als totaler Segen herausstellte. Wir kamen an, hetzten zum Gleis, was logischerweise komplett voller Liverpoolfans war, der Zug kam und wir sofort rein. Durch den beschrieben Zeitvorsprung hatten wir also einen Sitzplatz! Der Zug füllte sich immer mehr und das Glück hatten so einige nicht.

Frühstück verpasst, keinen Kaffee, keine Zeitung, aber nach der frühmorgendlichen Aufregung immerhin auf dem Weg nach London. Das haben wir direkt als Erfolg verbucht. :)

Wir waren dann tatsächlich sehr pünktlich in London, haben schnell die Sachen ins Hotel gebracht und sind dann mehr oder weniger direkt zum Wembley Stadion rausgefahren.

Vor Ort war es einfach eine ganz besondere Atmosphäre, ein englisches Cupfinal eben. Zwei riesengroße Fangruppen, die sich friedlich und feiernd auf dem Wembley Way zum Stadion begeben haben. Na ja und dann ist es eben auch Wembley: Eine sehr imposante, große Hütte! Ich war schon ein paar mal im Wembleystadion, aber ein englisches Cup Final ist definitiv noch mal ein anderer Schnack. Die Tickets waren tatsächlich vor Ort hinterlegt und so stand einem tollen Nachmittag nichts mehr im Wege. Rund ums Stadion gab es übrigens überhaupt keine Tickets mehr, nur noch Leute, die händeringend welche gesucht haben. Das wäre absolut unmöglich geworden da noch an Tickets zu kommen. Ich habe selten so viele Leute gesehen, die verzweifelt auf der Suche waren.

Neben der schieren Größe des Stadions hat mich vor allem die Größe der Fanblöcke beeindruckt! Auf der einen Seite über 30000 Fans des FC Liverpool in rot, auf der anderen Seite über 30000 Fans des Cardiff City FC in blau. Beide Fanblöcke gingen im Prinzip über die Kurven hinaus fast bis zur Mittellinie. Der Block der neutralen Fans und der ganzen Firmen-Pinguine  war um ein so vieles kleiner, als bei unserem Pokalfinale, das hat mich schwer beeindruckt.Vor allem Cardiff hätte ich nicht zugetraut so viele Fans zu mobilisieren. Wembley ist trotz der Größe eng, steil und was ein totaler Segen ist: Es gibt keinerlei Zäune oder Fangnetze! Ich liebe das, weil man einfach auch hinterm Tor toll sehen kann und nicht ständig in so grobe Maschen starrt, wie bei uns. Es gab auch den ganzen überflüssigen Schnickschnack wie Sponsorenansagen, Musikbands vor dem Spiel oder ähnliches nicht.  Fand ich super, ich mag den Quatsch nämlich nicht. Das ganze hatte so eine extrem ehrwürdige, klassische Fußball-Atmosphäre, die eines Endspiel würdig halt. Die Mannschaften kamen rein, der Cup stand in der Mitte, das ganze Stadion sang God save the queen und schon ging es los.

Vor dem Spiel war die öffentliche Meinung eigentlich, dass der FC Liverpool gegen diesen Zweitligisten keine Probleme haben dürfte und das Spiel vermutlich früh entschieden sein würde. Well… das ist in England aber glücklicherweise nicht anders, als bei uns: Der Pokal schreibt seine eigenen Gesetze! :) Es kam jedenfalls ganz anders…

Liverpool legte zwar los wie die Feuerwehr und hatte auch sofort ein paar echt gute Torchancen, aber Cardiff hat voll dagegen gehalten. Das hat mich stark beeindruckt, weil die Mannschaft einfach von Beginn an diesen starken Willen und Kampf ausgestrahlt hat. Die wussten, sie haben eigentlich keine Chance und wollten die halt nutzen. Wir bekamen somit gar nicht dieses eindeutige, einseitige Finale geboten, sondern ganz im Gegenteil einen echten Kracher!

Es ging munter hin und her, Cardiff dabei natürlich defensiver und mehr auf Konter aus, aber irgendwann nutzten sie ihre Chance und gingen tatsächlich 1:0 in Führung! Da war die erste Sensation natürlich schon mal perfekt. Nicht unbedingt die Art von Sensation, die wir da jetzt unbedingt erwünscht hatten, aber nun gut. 😉

Die Stimmung im Stadion war hervorragend, weil beide Fankurven spielbezogen Gas gegeben haben. In der zweiten Hälfte schaffte Liverpool aus der Vielzahl an Chancen irgendwann den Ausgleich und sie hatten weitere sehr gute Gelegenheiten, konnten das zweite Tor aber nicht erzielen. Tja und als alle sich schon auf Verlängerung eingerichtet hatten, bekam der Mittelstürmer von Cardiff eine Minute vor Schluss noch eine Riesenchance! Ganz ehrlich, da muss er eigentlich das Spiel entscheiden und ich glaube dann hätten die Fans das Stadion abgerissen.

Verlängerung. Dirk Kuyt, einer meiner Lieblingsspieler vom FC Liverpool kam aufs Feld und brachte in der ihm typischen Art gleich mal ne Menge Dynamik ins Spiel. Und es war auch ihm vorbehalten, Liverpool in der zweiten Hälfte der Verlängerung endlich in Führung zu schiessen. Das sollte es dann ja wohl gewesen sein, oder? Nicht ganz, denn die tapferen Kerle aus Wales haben einfach nicht aufgehört sich gegen die Niederlage zu stemmen und erzielten doch tatsächlich in der letzten Minute der Verlängerung direkt vor unseren Augen noch den Ausgleich! Unglaublich, einfach ein unglaubliches Pokalfinale!

Es kam also zum Elferschießen, für Engländer ja eher ein rotes Tuch. 😉 Für mich ein absolutes Highlight des ganzen Tages: Kurz vor dem Elfmeterschießen sang die ganze Kurve der Fans des FC Liverpool “You’ll never walk alone”. Ein totaler Gänsehautmoment, das kann man sich nicht vorstellen.

Dennoch ging das Elferschießen ausgesprochen schlecht los, denn die beiden ersten Schützen der Reds haben direkt mal verschossen. Man sollte einfach keine Engländer schießen lassen… Bernd war schon kurz davor zu gehen, aber ich bin ja der Meinung, dass man sowas aushalten können muss und es erst aus ist, wenn es aus ist. Ich fand das war gleich mal ein guter Nerven-Test für die kommende Europameisterschaft. :)

Dirk Kuyt traf und glücklicherweise waren die Schützen von Cardiff ähnlich schwach, so dass Liverpool am Ende das Finale knapp für sich entscheiden konnte! Sieg! :)

Danach ging es hoch zur Königsfamilie oder wer auch immer da oben in den Logen saß und als Steven Gerrard den Cup in den Himmel hob, da fühlte es sich für mich doch alles sehr gut an. Der ganze Aufwand war es irgendwie wert, weil das einfach eines der allerbesten Erlebnisse war, was ich bisher in einem Fußballstadion erlebt habe!

Ich kann das nur weiterempfehlen, ein englisches Cupfinal ist was ganz Besonderes, emotionale Achterbahnfahrt, aber insgesamt ein echtes Highlight!

Wir sind jedenfalls irgendwann ganz entspannt aus dem Stadion getaumelt, in die Stadt gefahren und haben in einem Pub noch mal mit ein paar Carling Cups (oder Pints) auf diesen wirklich geilen Trip angestossen. :)

P.S.: …und ein gutes Zeichen für die Euro 2012! 😉

One Response to “Carling Cup Final at Wembley! FC Liverpool v Cardiff City FC”

  1. Schockse Says:

    Wahnsinn der Bericht. Gänsehaut am ganzen Körper, wenn ich mir so manche Passagen bildlich vorstelle.
    Muss unbedingt wieder mal zu nem Spiel der Reds, das letzte (Heimspiel) liegt leider schon 2 Jahre zurück.

    Immer wieder schön deine Berichte zu lesen! Weiter so!

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