Rugby World Cup 2011: The Grand Final! New Zealand All Blacks v France 8:7

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23 Oktober 2011, Eden Park in Auckland: the grand final! New Zealand gegen die Franzosen! Nach dem grandiosen Halbfinalsieg gegen Australien stand ganz Neuseeland vor Freude und Erwartung Kopf. Und als ob es nicht schon aufregend genug wäre, habe ich dann auch noch mein persönliches Spannungselement dazu beigetragen: Ich habe mir nämlich bei einem Hike die Mittelhand gebrochen. Ich hielt es offensichtlich für ein gute Idee, mich mal so richtig schwungvoll von einer Treppe in Richtung Klippen zu stürzen. Schön blöd, aber insgesamt hatte ich ziemliches Glück und habe daher auch nur kurz mit dem Schicksal gehadert. Es versteht sich von selbst, dass ich vom Nachmachen abraten muss, denn zum einen stelle ich gerade fest, wie unterbewertet zwei Hände doch so sind bzw. wie langsam und umständlich man mit nur noch einer von zweien wird und zum anderen kann einem so eine Geschichte ja auch richtig ernsthafte Sorgen bereiten: Ich hätte zum Beispiel das Finale mit den All Blacks verpassen können! Für einen Hike!!!!! Das muss man sich mal vorstellen!

Da habe ich im Nachgang doch sehr mit mir selbst geschimpft, denn das wäre ja wohl der absolute Supergau gewesen!

Nun ja. Ich habe also ein paar Stunden wartenderweise in der Notaufnahme eines Krankenhauses verbracht, hatte eine Pfote in der Größe einer der Hände der Klitschkos – wenn sie Boxhandschuhe tragen! – und musste dann mit aller Mühe einen Arzt davon überzeugen, dass ich für eine OP leider überhaupt keine Zeit hätte, weil ja am Sonntag das Finale wäre! Glücklicherweise war er sich einerseits auch nicht so ganz sicher was zu tun ist und andererseits war er natürlich auch ein Kiwi. 😉 Und wenn bei einem Kiwi etwas zieht, dann ist es eine ausgeprägte Rugbyleidenschaft und Begeisterung für die All Blacks! Er hat mein Problem also komplett verstanden und sich dann auch wirklich große Mühe gegeben. Überhaupt waren die da in diesem kleinen Krankenhaus in Whangarei wahnsinnig nett und besorgt. Und verrückt waren die auch! Aber total! Noch in so einer riesigen Euphorie nach dem Australienspiel und selbstverständlich das ganze Personal in schwarz gekleidet. Das ist in einem normalerweise weißen Krankenhaus durchaus ein etwas ungewöhnlicher Anblick, zumal sie auch noch alles ordentlich geflaggt und mit allem möglichen Postern und Bannern der All Blacks versehen hatten, aber hey, backing black. 😉 Insgesamt wirkte das mehr wie die Zentrale eines Fanclubs, als ein öffentliches Hospital, aber ich fand es cool und habe mich direkt mal mit den ganzen Leuten intensiv über das Turnier sowie die All Blacks ausgetauscht. Am nächsten Tag nach einigen weiteren Untersuchungen haben sie mir dann so einen schicken schwarzen Gips verpasst (wenn man sich die Farbe schon aussuchen kann…) und mich wieder auf die Reise gelassen. Der eine Pfleger hat Heike dann noch kurz ausführlich erklärt, welche Tätigkeiten ich zukünftig im Haushalt nicht mehr ausführen darf und spätestens da waren wir buddy buddy. 😉 Ich wollte dieses Spiel der All Blacks aber auch definitiv nicht verpassen. Da hätte ich mir schon deutlich mehr brechen müssen, als nur eine Hand, um davon abgehalten zu werden.

In Auckland angekommen wurde mir so langsam bewusst, dass wir alle am Abend beim Spiel der All Blacks ein Problem bekommen würden. Die Stimmung war nämlich überhaupt nicht angespannt, wie es sich für ein Finale normalerweise gehört, sondern geradezu ausgelassen. Die Medien haben sich die ganze Woche über die Franzosen lustig gemacht, sie hier und da mit der Rainbow Warrior und den Nukleartests damals im Pazifik gekitzelt und insgesamt sie nicht so richtig ernst genommen. Alle Fans der All Blacks waren doch extrem selbstbewusst unterwegs. Die Stimmung in der Stadt war dementsprechend ganz großartig und ich glaube Auckland hat noch nie so viele Menschen auf den eigenen Straßen erlebt, wie an diesem 23. Oktober 2011. Da kamen auch so viele Kiwis von außerhalb in die Stadt, das war absolut faszinierend. Es war sicherlich keine große Hilfe, dass die All Blacks Frankreich in der Vorrunde so deutlich geschlagen hatten. Abgesehen davon hatten die Franzosen auch wirklich ein jämmerliches Turnier gespielt und waren ja nur mit freundlicher, großzügiger Hilfe vom Schiedsrichter im Spiel gegen Wales überhaupt ins Finale vorgedrungen. Natürlich gab es hier und da auch den einen oder anderen Warner “beware of the french” , aber das ging in der Masse der Vorfreude eher unter. Für die meisten Neuseeländer war das vorgezogene Finale das Spiel der All Blacks gegen Australien, das hatten sie gewonnen, also stand dem Titelgewinn jetzt nichts mehr im Wege. Unterm Strich: Die waren einfach alle unglaublich siegessicher!

Die langjährige Livesporterfahrung lehrt uns an dieser Stelle: Sowas bedeutet eigentlich immer Ärger! Ich war eigentlich recht zuversichtlich, dass die All Blacks gewinnen würden, bin aber seit dieser dunklen Oktobernacht 2007 etwas vorsichtiger geworden, wenn es darum geht die Franzosen abzuschreiben. Das war nicht schön, das wollte ich eindeutig nicht noch einmal erleben. Man weiß  eben nie, welches Gesicht die französischen Mannschaft zeigen wird und ich war mir fast sicher, dass sie sich nicht einfach so einem Rugby World Cup Finale vom Platz fegen lassen würden. Nicht die Franzosen.

Tja und genau das haben sie dann am Abend im Grand Finale zwischen den All Blacks und Frankreich dann auch schon beim Haka in die Tat umgesetzt: Sie haben den All Blacks den Federhandschuh hingeworfen, in dem sie dem sehr aggressiven Haka der All Blacks zuerst mit einer Formation wie ein V (Victory) begegnet sind und dann zum Ende hin immer dichter auf die Neuseeländer zugegangen sind. Spätestens da musste eigentlich jedem im Stadion bewusst gewesen sein: Das bedeutet Ärger, denn genau das haben sie 2007 auch gemacht, als sie plötzlich beim Haka wie ne französische Flagge gekleidet vor den Kiwis standen. Die Fans der All Blacks haben das jedenfalls auch gespürt und begannen schon vor Kickoff die Mannschaft lautstark anzufeuern. Das war echt eine Bombenatmosphäre im Eden Park, denn man muss immer bedenken: Rugby ist in dem Punkt halt eigentlich nicht mit Fußball zu vergleichen. Aber an dem Abend war es vergleichbar. Mal ein Video:

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Das Spiel begann tatsächlich auch genau wie es der Auftakt schon erwarten ließ, nämlich knüppelhart und mit hoher Aggressivität von beiden Seiten. Starke Defenses, sowie die vermutlich zwei besten Loose Forward Trios im Rugby trafen da aufeinander. Ich hatte es ja irgendwie befürchtet, aber nach 5 Minuten war mir klar, dass hier nicht die französische Mannschaft aufläuft, die in der Vorrunde chancenlos gegen die All Blacks war, sondern das kratzende, beissende Biest, was über sich hinauswachsen kann. Ich sage das nicht ohne Respekt, weil die Franzosen es echt geschafft haben, an dem Moment total zu wachsen und wahnsinnig stark waren. Sich so steigern zu können, nötigt mir Bewunderung ab. Die All Blacks konnten nach einem schönen Lineout Move zwar den ersten Try machen und 5:0 in Führung gehen, aber Piri Weepu hatte seine Kickingboots leider erneut im Hotel vergessen und so blieb es beim 5:0.

Die All Blacks haben ja in der Vorrunde mit Dan Carter ihren zweitwichtigsten Spieler ( und Regisseur! und Kicker!) verloren und bis zum Finale haben sie das, für mich überraschend, echt erstaunlich gut kompensiert bekommen. Vor allem Weepu hat ein richtig gutes Turnier gespielt und eben auch viele wichtige Kicks getroffen. Carter ist aber eben nicht nur der beste Kicker mit den meisten erzielten Punkten auf der Welt all time, er ist auch ihr Steuermann. McCaw ist der absolute Leader, aber Carter lenkt das Schiff / den Angriff durch die raue See. An diesem Abend haben sie das erste Mal im Turnier gemerkt, wie sehr ihnen Dan Carter fehlt! Den haben sie aber richtig, richtig vermisst! Zudem hatte Weepu halt einen ganz schwachen Tag und in einem Spiel in dem es mit ansagen eng werden wird, sind 3 verfehlte Kicks vor der Pause halt eine Welt. Das kann den Unterschied machen und da hätten sie Carter einfach wahnsinnig gut gebrauchen können. Mal ganz abgesehen davon, dass er die Backline mit seinem großen taktischen Verständnis mit Sicherheit besser gelenkt hätte. Da konnte man halt mal wieder sehen, dass große Klasse eben doch nur temporär ersetzbar ist. Nun gut, er war saß halt verletzt auf der Bank, Weepu verballerte Kick um Kick und mit jedem verpassten Schuss stieg das französische Selbstvertrauen.

Nach der Pause gab es dann mal wieder so eine besondere Geschichte, die einfach nur der Sport schreibt! Nachdem sich mit Cruden nach Carter und Slade ein weiterer First-Five (der Spielmacher, die 10) der All Blacks verletzt hatte, passierte, wovor sich jeder Kiwi bei Turnierstart noch gegraut hatte: Stephen Donald wurde eingewechselt! Donald ist in Neuseeland in den letzten beiden Jahren ziemlich in Ungnade gefallen, weil er ein paar mal im Trikot der All Blacks große Fehler gemacht hat und dadurch Spiele verloren wurden. Es wollte ihn jedenfalls kein Kiwi mehr im schwarzen Jersey sehen. Never ever. Na ja, aber nachdem jetzt ja alle verletzt waren, blieb nur noch er übrig. Er musste also spielen. In einem World Cup Final was auf Messers Schneide stand!! Das ist so ähnlich wie wenn wir im Fußball im Endspiel der Weltmeisterschaft stehen und plötzlich Kevin Kuranji eingewechselt wird. Da gefriert uns ja auch allen das Blut. 😉

Er hat leichten Applaus bekommen, als er aufs Feld kam, was ja schon mal mehr war, als das gellende Pfeiffkonzert bei seinem letzten Auftritt (und Kiwis pfeiffen nie!), aber im Prinzip haben vermutlich alle gedacht: “Unser Schicksal hängt an Stephen Donald… das ist nicht gut, das ist gar nicht gut”

Was ich dann aber wahnsinnig bewundert habe: Die All Blacks bekamen direkt nach der Pause einen Penalty zugesprochen, kurz hinter der Mittellinie. Donald ging sofort hin, schnappte sich den Ball und hat den Penalty ganz sauber verwandelt. Also das war aber mal eine richtige Drucksituation! Hat mich echt schwer beeindruckt.

Es war aber weiterhin ein ganz, ganz enges Spiel. Die All Blacks konnten sich nicht so richtig absetzen, aber den Franzosen gelang in der ersten Hälfte offensiv halt auch eher wenig. War es im ersten Abschnitt noch ein ausgeglichenes Spiel mit leichten Vorteilen für die All Blacks, waren die Franzosen in der zweiten Hälfte die klar bessere Mannschaft. Das muss man einfach so anerkennen. Die All Blacks haben offensiv eigentlich gar nicht mehr richtig stattgefunden und mussten einen riesigen defensiven Aufwand betreiben, um die Franzosen von der Tryline wegzuhalten. Ich hatte echt 75 Minuten so ein ganz beschissenes Cardiff Deja vu! Die Franzosen haben im Prinzip alles gemacht, womit sie Neuseeland damals so überraschend geschlagen haben: Höchster individueller Einsatz und Laufleistung, starker Scrum und das Spiel langsam gemacht, wo es nur ging.

Meine nervliche Anspannung war jedenfalls echt am Anschlag, das Spiel hat mich vermutlich 5 Jahre meines Lebens gekostet. Das war anstrengend.

Die Franzosen haben in den letzten 20 Minuten alles reingelegt und noch mal einen riesigen Druck erzeugt. Angriff über Angriff prallte da gegen die Defense der All Blacks. Eigentlich war es nur eine Frage der Zeit, bis die Franzosen die Line durchbrechen und den spielentscheidenden Try machen würden. Irgendwann so nach 65 Minuten war ich mir leider sicher, dass Neuseeland verlieren würde. Ein echtes Sch…gefühl! :(

Ich denke vor ein paar Jahren wäre die Mannschaft unter dem enormen Druck der Franzosen und der Bürde des möglichen Versagens zusammengebrochen und hätte tatsächlich verloren. Dieses Mal aber, haben die All Blacks sich mit allem gewehrt was noch drin war. Vor allem Spieler wie Kieran Read und Richie McCaw haben Tackle um Tackle gemacht. McCaw war in den letzten 10 Minuten in jedem Ruck und an jedem Tackle beteiligt. Er hat im alles entscheidenden Moment für sein Team, wirklich alles abgerufen und sich mit Macht gegen die Niederlage gestemmt! Im Interview nach dem Spiel war der so dermaßen fertig wie ich es noch nie bei ihm gesehen habe. Einfach komplett erschöpft. So eine Leistung in so einem wichtigen Spiel, hätte ich mir mal ab und an vom Ballack gewünscht.

Vor ein paar Jahren hätten die All Blacks dieses Spiel jedenfalls verloren, aber im Finale 2011 machen sie 5 Minuten vor Schluss das entscheidende Turnover! Ein riesiger Moment im Endspiel und ich glaube ich habe danach noch nie so lange 5 Minuten erlebt. Neuseeland hat natürlich versucht den Ball in den eigenen Reihen zu halten und die Uhr auslaufen zu lassen. Lange, lange 5 Minuten! Aber am Ende hat es tatsächlich gereicht! Schlusspfiff! 8:7 gewonnen! World Cup Sieger!! Heike und ich lagen uns in den Armen und haben mit den Kiwis gefeiert! :)

Das ist sicher für die meisten von euch nicht so ganz nachvollziehbar, aber für mich war das ein ganz emotionaler, sehr bewegender Moment! Wie man auf einer Tribüne ohne selbst zu spielen so eine Erschöpfung erleben kann, ist mir heute noch schleierhaft! Ich kann es kaum erwarten, so einen Moment mal mit der deutschen Nationalmannschaft zu erleben! :)

Die Siegerehrung war dann echt ein ganz schöner Abschluss des Turniers mit einem insgesamt würdigen Sieger! Nach 24 Jahren geht der wichtigste Rugby-Pokal der Welt endlich mal wieder ins Land of the long white cloud, nach Neuseeland! Schaut mal hier:

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Für die Leute Neuseelands, für das ganze Land hat das eine riesige Bedeutung und ich freue mich einfach sehr für die. – Und wir waren live dabei, was für ein geiler Trip! :)

2 Responses to “Rugby World Cup 2011: The Grand Final! New Zealand All Blacks v France 8:7”

  1. pospo Says:

    Großartig!

  2. Volker Says:

    Schönes zweites Foto :)

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