Livesportfan Blog

Nachdem ich die Niederlage jetzt eine Woche verarbeitet habe, kann ich auch endlich über meinen kleinen Trip nach Dortmund schreiben. Ok, eigentlich hatte ich das Spiel schon relativ schnell nach Abpfiff abgehakt.
Dortmund ist ja immer eine Reise wert, völlig unabhängig von den Ergebnissen. Das meine ich wirklich ganz ernsthaft, weil das dort im Pott einfach eine sehr intensive, sehr ehrliche Fußball-Atmosphäre ist. Ich mag das und bin gerne dort, zudem kenne ich einfach auch ein paar sehr, sehr nette Dortmundfans.

Ansetzung der Partie Borussia Dortmund – Bayern München war Sonntag und dann leider auch noch 17:30 Uhr. Das ist natürlich für ein Auswärtsspiel im Westen nicht gerade die optimale Spielzeit, wenn man in Hamburg wohnt. Zudem hatte Uschi noch eine verabredung mit den Quasi-Schwiegereltern organisiert, was die Planung dann auch nicht direkt vereinfacht hat. Da ich mich auf das Spiel gefreut hatte, stand es aber ausser Frage, dass ich natürlich dennoch hinfahren würde. 😉 Eigentlich war ich aufgrund der familiären Verpflichtung am Ende sogar recht glücklich dass das Spiel erst Sonntag Abend war…

Ich hab mich also ins Auto gesetzt und bin entspannt am Sonntag gen Westen gedüst. Ein Ticket für das Spiel hatte ich auch dank freundlicher Unterstützung von Markus. Großes Dankeschön auch noch mal an dieser Stelle! In Dortmund hat man zwar eigentlich immer Chancen an Tickets zu kommen, da das Stadion einfach wahnsinnig gross ist, aber zum einen wollte ich auf die Bayernseite und zum anderen hab ich den Zeitpunkt einfach schlafmützig verpasst. Normalerweise geht selbst gegen Bayern München immer was, so lange man nicht auf die Südtribüne möchte oder die Suche auf die günstigen Tickets beschränkt.

Am Stadion angekommen hab ich mich dann mit meinen Dortmunder Freunden getroffen. Als Bayernfan ist das auswärts meistens nicht sehr problematisch was jetzt Gefahr o.ä. angeht, wenn man z.B. ein Trikot oder einen Schal trägt und speziell in Dortmund habe ich da auch noch nie schlechte Erfahrungen gemacht. Nun liegt der Treffpunkt meiner Freunde aber nun mal direkt hinter der Südtribüne in so einem Freibad. Da lauft dann natürlich fast kein Bayernfan mehr rum und man fallt in dem roten Trikot mitten im gelben Meer schon ziemlich auf. 😉 Ich hab den einen oder anderen Spruch geerntet und hier und da versucht mal einer durch anrempeln Streit anzuzetteln, aber wenn man entspannt bleibt ist das letztendlich harmlos. Es war lustig. Wir haben uns dann erst mal schön ausführlich mit der ganzen Situation in der Bundesliga auseinander gesetzt. Ich hab einige davon die Woche vorher schon in Hamburg beim Spiel St Pauli Dortmund getroffen, einige aber auch sehr lange nicht mehr gesehen. Das war ein schönes, entspanntes Treffen.
Meine Erwartungen bezgl. des Spiels waren von Beginn an nicht besonders groß. Bayern steckt ganz eindeutig in einer handfesten Bundesliga-Krise. Dafür gibt es viele Grunde und die WM sowie die Verletzung von Robben sind nur zwei davon. Na ja wie auch immer. Da Dortmund ganz gegenteilig gerade aber einen echten Lauf hat und begeisternden Fußball spielt, wäre ich vor der Partie mit einem Unentschieden aber sowas von zufrieden gewesen. Das habe ich den Jungs natürlich auch gesagt. Problem hierbei: ich habe es auch letzte Saison in ahnlicher Ausgangslage so formuliert und da hat Bayern den BVB mit 5:1 aus dem eigenen Stadion gefegt. 😉 Dementsprechend misstrauisch und besorgt waren sie auch dann schon wieder alle.

Irgendwann also rein ins Stadion. Wer noch nie bei Borussia Dortmund war: holt es bei Gelegenheit nach. Ich kenne einige Stadien auf der Welt und ich mag ein paar wirklich sehr, aber das Westfalenstadion ist schon ganz weit vorne dabei! Eine ganz unglaubliche Atmosphäre. Man merkt richtig wie das tolle Spiel der Mannschaft in den letzten Wochen auch bei den sowieso von Grund euphorisierten Fans diese Begeisterung noch mal ein Stück gesteigert hat. Der BVB hat einige schwere jahre hinter sich und das war auch für die Fans sicher nicht immer leicht, um so mehr geniessen sie den Moment. Zurecht! Ich war schon ein paar mal im Westfalenstadion, aber noch nie auf der Nordtribüne direkt hinter dem Tor. Ich glaube es gibt keinen besseren Ort um die ganze Wucht der Südtribüne zu begreifen. Die sieht aus jeder Richtung beeindruckend aus, aber direkt von vorne versteht man erst so richtig, wieso die gelbe Wand genannt wird. – Weil sie halt eine große, gelbe Wand ist. 😉 Die größte Stehplatztribüne in Europa, sehr steil, sehr laut, sehr mächtig. Das muss für einen gegnerischen Spieler ein unglaublicher Druck sein, diese Tribune hinter sich zu spüren oder vor sich zu sehen. Da kann mir auch kein Spieler das Gegenteil erzählen. Das wird auch den abgezocktesten Profi nicht komplett kalt lassen.
Die Stimmung war jedenfalls besonders, das muss ich schon sagen. Ich habe ein kleines Video gemacht, als sie alle You will never walk alone singen. Ich finde es zwar insgesamt etwas einfallslos, dass sie in Dortmund auch dieses Lied singen (für mich gehört das halt nur zu Celtic Glasgow und zum FC Liverpool, alles andere ist eine Kopie), aber das Video ist trotzdem sehenswert.

Überraschenderweise hat Bayern München dann aber sehr gut begonnen. Das sah viel besser aus als bei den vorherigen Saisonspielen. Sie haben Gas gegeben und waren aggressiv. Das hat offensichtlich nicht nur mich überrascht, sondern auch den BVB. Die Dortmunder hatten Respekt und haben überhaupt nicht zu ihrem bisher so attraktiven Offensivspiel gefunden.

Leider wurde aber auch das aktuelle Defizit im Spiel von Bayern München deutlich: sie schießen zu wenig Tore. Es ist beliebtes Vorgehen immer auf die Abwehr einzudreschen und der eine oder andere bietet dafür auch viel und regelmäßig Angriffsfläche, aber das Hauptproblem liegt momentan vorne. Das Mittelfeld spielt zu wenig Chancen raus und die Stürmer vergeben dann die wenigen vorhanden meistens auch noch kläglich. Das ist ein echtes Dilemma und man sieht wie sehr Arien Robben der Mannschaft fehlt. Und dann ist da natürlich auch noch Mario Gomez. Der Mann ist doch sehr von der Rolle, aber er hat Sonntag versucht seine Chance, von Beginn an zu spielen, zu nutzen. Laufstark und er hat sich Chancen rausgearbeitet. Ich bin ja nach wie vor der festen Überzeugung, dass er noch kommen wird, weil er als Stürmer einfach alle notwendigen Anlagen hat. Ich meine, man sollte ihn jetzt mal 4-5 Spiele von Beginn an auflaufen lassen und es würde mich wundern, wenn er dann nicht auch treffen wurde. Dem fehlen die Erfolgserlebnisse. Am Sonntag hatte er zum Teil auch Pech. Wir müssen in der ersten Hälfte ein Tor machen und vermutlich nimmt das Spiel dann einen anderen Ausgang.

Da Fußball wie das leben aber nicht im Konjunktiv stattfindet, stand es zur Halbzeit 0:0. Darüber war der BVB inklusive seiner Fans sicher nicht sonderlich unglücklich. In der Pause habe ich kurz mit Freund Gerd gefachsimpelt und wir waren uns eigentlich sicher, dass das erste Tor das Spiel entscheiden würde. Ich war mir jedenfalls in einem sehr sicher: Wenn Bayern München das erste Tor fängt, kommen sie niemals mehr zurück.
Leider kam es dann genau so wie ich es befürchtet hatte. Demichelis kam für van Buyten und schlagartig brannte es bei Bayern im Strafraum. Eine verunglückte Kopfballabwehr vom stolzen Gaucho brachte den BVB dann auch schön auf die Siegerstrasse. Barrios machte das 1:0 und danach war von Bayern nichts mehr zu sehen. Das war aus meiner Fanperspektive jetzt nicht gerade eine zweite Hälfte meiner Mannschaft, die man lange in Erinnerung behalten möchte…
Der BVB machte noch das 2:0 und damit war die Partie dann endgültig gegessen.

Über die Niederlage habe ich mich zwar natürlich geärgert, aber vor allem gestört hat mich das wie und die komplett fehlende Gegenwehr in der zweiten Hälfte. In Dortmund darf man durchaus verlieren, aber Bayern München darf sich nicht auf diese Weise ergeben. Das ist nicht akzeptabel.

Nach dem Spiel bin ich dann noch ins Strobels gegangen, um den anderen zum Sieg zu gratulieren. Nicht unbedingt einfach, aber ich halte es für sehr wichtig, dass man in der Niederlage eine gewisse Souveränität behält. Also hab ich mir die geballte BVB Glückseligkeit noch angetan, wobei es zugegebenermaßen entspannt und lustig war. Bei einigen war es vom Gefühl schon die vorgezogenen Meisterfeier, aber die meisten konnten es ganz gut einordnen. Freund Gerd hat mir dann noch ein weiteres mal versucht zu erklären, warum es keinen Sinn macht Bayernfan zu sein und ich habe ihm ein weiteres mal versucht zu erläutern, dass man sich seinen Verein als richtiger Fan nicht bewusst aussucht. Ich schätze aber da kommen wir nicht mehr zusammen. 😉

Na ja. Irgendwann habe ich mich verabschiedet und bin nach Hause gefahren. Sehr zügig, aber nachts geht das ja auch ganz gut. Ich war jedenfalls schneller wieder in Hamburg als erwartet. 😉

Vom Ergebnis abgesehen war das ein schöner Bundesligatrip in den Westen der Republik, dort wo das Herz des Fußballs in Deutschland schlägt. In den nächsten Wochen gilt mein Fokus dann aber mal wieder der Insel. Football in England! Ich habe da ein paar sehr spannende Sachen geplant, ihr könnt euch da mit mir freuen und durchaus gespannt sein.

Bis dahin!