Livesportfan Blog

Ja, tatsächlich Frauenfußball! Seit letzter Woche läuft die FIFA Uschi-WM 2011 bei uns im Land und ich hielt es für einen total tollen Plan dem Eröffnungsspiel in Berlin live beizuwohnen. Meine Erinnerungen an das Eröffnungsspiel der WM 2006 sind so ausgesprochen gut, dass ich mir den Auftakt nicht entgehen lassen wollte. Nun ist Frauenfußball für viele Freunde des Männerfußballs eher ein schwieriges Thema, aber da ich versuche neuen Dingen möglichst offen gegenüber zu stehen (ich war noch nie bei einem Spiel der Frauen), fand ich die Idee dennoch ausgesprochen charmant. Mal ganz abgesehen davon, dass ich mir ja nun auch wirklich schon unglaublichen Quatsch und Fußball auf unterstem Niveau live angesehen habe! Es konnte in dem Sinne eigentlich auch nicht ganz schlecht werden.  Unterm Strich ist es zudem immer noch eine WM in Deutschland, in meiner Lieblingssportart. – Und wenn man gar nicht mehr weiter weiß, kann man in so einem Turnier immer noch gegen die Engländer mit ihren lustigen Torleuten sein. 😉

Ich hatte mir das Eröffnungsspiel zwischen Deutschland und Kanada in Berlin also schon ziemlich zeitig auf den Plan geschrieben und mich um Tickets bemüht. Mein großer Dank gilt hier Jan! Jan hat mir nicht nur die Möglichkeit gegeben sehr frühzeitig über sein Vereinskontingent Tickets zu bekommen, sondern durch die Anzahl der Tickets auch noch dafür gesorgt, dass ich meine gesammelte Familie mitnehmen konnte. Große Aufregung auf der Familienseite, wie man sich unschwer vorstellen kann.

Eigentlich müsste man jetzt auch noch mal ein bisschen was grundsätzliches zum Thema Frauenfußball schreiben, oder? Ich könnte jetzt mit Sicherheit problemlos einen ganzen Blogpost mit gängigen Vorurteilen über den Frauenfußball füllen und diese hier in aller Breite diskutieren. Ist mir aber komplett zu mühselig und auch latent sinnlos, denn aus meiner Sicht gibt es eine ganz wesentliche Voraussetzung, um beim Frauen Fußball Spaß zu haben: Man darf es nicht ständig mit dem Männerfußball vergleichen!

Man kann den Frauen aus meiner Sicht auch nicht vorwerfen weniger schnell oder athletisch zu sein als die Männer und ich glaube auch, dass bei dem einen oder anderen immer noch ein Bild vom Frauenfußball aus den 80ern / 90ern vorherrscht. Da hat sich allerdings in den letzten Jahren doch so einiges getan, gerade was Athletik und Tempo angeht. Wenn ich mir heute Frauen-Mannschaften wie Deutschland, USA oder auch Schweden anschaue, dann sind das absolute Profiteams und nicht mehr so pummelige Ansammlungen von Freizeitspielerinnen wie früher. Die Frauen sind austrainiert und können hohes Tempo gehen, spielen zudem  meistens einen technisch recht gepflegten Ball. – teilweise sogar technisch deutlich besser als die Herren. Wenn ich unsere Doppel 6 Kim Kuhlig und Simone Laudehr nehme, dann sind das 2 ganz starke Fußballerinnen. Wahnsinnig lauf- und zweikampfstark, dabei mit genauem Passspiel, bewegen sich taktisch sehr gut im Raum usw. – Und nein, sie sind nicht die Doppel 6 weil sie was miteinander haben!!! 😉 Fußballerisch finde ich die jedenfalls bewundernswert gut. Aber es gibt natürlich auch noch immer große, große Leistungsunterschiede zu den kleineren Teams / Ländern, wo der Sport nach wie vor eine Amateurveranstaltung ist. Aus meiner Sicht kämpft der Frauenfußball vor allem mit diesen Effekten.

Sei es drum, ich habe mich jedenfalls schon eine ganze Weile auf das Turnier gefreut! Und da ich in den letzten Monaten wenig unterwegs war, nicht wochenlang als BVB-Fan Meisterschaften feiern konnte und auch nicht live dabei war, als Messi und seine Spielkumpanen mit Tici Taka Man United an die Wand genagelt haben, hatte ich 1-2 Wochen vor dem Eröffnungsspiel regelrechte Vorfreude auf die WM! – Also nicht nur Lust auf Frauen, sondern zur Abwechslung auch mal auf Frauenfußball. 😉 Nachdem ich im vorherigen Satz gerade wirklich mühsam versucht habe nicht “Lust” zu schreiben und dafür letztendlich “Vorfreude” gewählt habe, konnte ich mir den jetzt nicht verkneifen. 😉

Wir sind also im Rahmen der bescheidenen Möglichkeiten schon am Samstag entspannt mit dem deutschen Schienentrecker ohne Klimaanlage nach Berlin geschaukelt. Problem: Im Unterschied zur Bahn hat ein Trecker ziemlich offene Fenster… Es ist wohl auch ein Stück weit dem Humor der Deutschen Bahn geschuldet, dass sie ihren ungekühlten Vorzeigezug dann auch noch “Ice” nennen….;) Egal, Details, von solchen Dingen darf man sich als Fußballreisender ja eh nicht aus der Ruhe bringen lassen.

Das Eröffnungsspiel war ja erst Sonntag, was ich praktisch fand, denn dadurch hatten wir noch einen wirklich schönen, sonnigen Tag in Berlin. Man darf allerdings mal die überaus berechtigte Frage stellen, warum das Eröffnungsspiel zur Fußball-Frauen WM 2011 an einem Sonntag stattfindet. Noch besser ist dann nur noch die Frage, weshalb an diesem Eröffnungs-Tag auch noch ein weiteres Spiel der Frauen WM ist und die Königin aller Fragen, sozusagen der WM-Pokal im Fragebereich, ist wohl eindeutig warum eigentlich dieses weitere Spiel in Sinsheim um 15:00 Uhr startet, wenn das offizielle Eröffnungsspiel in Berlin erst um 18:00 Uhr ist….

Ernsthaft, da habe ich wirklich nur noch den Kopf geschüttelt. Es mag viele Gründe für diese Vorgehensweise geben, aber das ist nicht vermittelbar und einfach nur plain unprofessionell! Da darf man sich als Organisatoren dann auch echt nicht wundern, warum die ganzen Männerfußballfans am Lachen sind. Darüber habe ich mich jedenfalls wirklich geärgert. Ein Eröffnungsspiel ist Spiel 1 und Spiel 1 kann nicht nach Spiel 2 stattfinden, sonst wäre es Spiel 2!!! Kann ja nicht so schwer sein, oder?

Sonntag ging es dann also irgendwann zum Olympia-Stadion. In der Stadt war die Stimmung vorher schon recht gut, es waren zahlreiche Fans in Trikots und Fahnen unterwegs und die Vorfreude aufs Spiel war zu spüren. Zu schade eigentlich nur, dass Berlin als Stadt da nicht wirklich mitgemacht hat und für mich auch ein bisschen die Bestätigung für den Ansatz das Turnier mehr in kleinere Städte und Stadien zu vergeben. Vermutlich bemühen sich die dann auch einfach mehr. Ich werde das beim Viertelfinale in Wolfsburg überprüfen und euch berichten.

Am Stadion war schon weit vor Anpfiff gut was los. Wir sind wie immer erst mal zu Heinz in den preussischen Landgasthof gegangen. Ein paar gute Bekannte getroffen und Freund Bernd war mitsamt Freundin auch am Start. Es konnte also nur noch lustig werden!

Die Stimmung im Olympiastadion war vor dem Anpfiff wirklich gut, eines Eröffnungsspiels einer WM absolut würdig. Das Stadion war komplett weiss, viele Fahnen, tolle Choreo der Kurve, das hat sich gut angefühlt. Ich behaupte auch: Wenn man es im Vorfeld nicht gewusst hätte, wäre das von einer Atmosphäre bei einem Heimspiel der Männer nicht zu unterscheiden gewesen! Ich würde auch noch behaupten: Wenn man gerne in einem Stadion und gerne bei der Nationalmannschaft ist, dann hätte man im Berliner Olympiastadion am 26 Juni definitiv Spaß gehabt!

Video der Choreo:

Besonders gefreut hat es mich aber für die Uschis. Ich glaube für die war das ein riesiges Erlebnis vor so vielen begeisterten Fans spielen zu dürfen und man hat denen die Nervosität auch absolut angemerkt, einfach weil das ein besonderer Moment war.

Würde ich mir ab und an bei den Männern auch mal wünschen, dass sie die Chance vor so einer Kulisse auflaufen zu dürfen nicht immer als sowas total selbstverständliches behandeln würden, sondern anerkennen könnten welche Aufwände Fans teilweise so auf sich nehmen, damit dem so ist. Das ist eine der Sachen, die mir im überprofessionalisierten Fußball der Männern manchmal richtig auf den Sack gehen. Irgendwie hatte man das Gefühl die eigene Anwesenheit im Stadion gibt den Frauen emotional einen Schub und das ist ja eigentlich genau das Gefühl, was man als Fan gerne haben möchte. Fehlt mir bei den Herren Profifußballern leider immer öfter.

Das Spiel ging dann auch entsprechend nervös los. So eine Heim-WM und dann noch eine Heim-WM bei der man der absolute Favorit ist, stellt eben auch eine Drucksituation dar. Man konnte das der deutschen Mannschaft durchaus anmerken. Sie haben im Spiel nach vorne doch ein paar Ungenauigkeiten drin gehabt, die man in den Testspielen nicht beobachten konnte. Ich glaube das 1:0 durch Kerstin Garefrekes nach einer schönen Flanke von Babette Peter war dann auch eine ziemliche Erlösung, eine echte Last, die da von den Mädels abgefallen ist.

Danach ist unsere Mannschaft besser ins Spiel gekommen und hatte auch ein paar weitere gute Chancen, wobei die Kanadierinnen – immerhin die Nummer 6 in der Welt – durchaus immer gefährlich wirkten. Als Celia, die Frau mit dem sympathischen Lachen und dem wirklich unaussprechlichen Nachnamen, dann kurz vor der Halbzeit das 2:0 erzielen konnte, war die Stimmung im Stadion sehr, sehr gut!

In der zweiten Hälfte wurde die Partie dann etwas schwächer. Das deutsche Team hat ein bisschen nachgelassen und die Kanadierinnen wurden zum Ende hin immer stärker. Als Sinclair dann 10 Minuten vor Schluss mit einem sehenswerten Freistoss nicht nur die Serie ohne Gegentor von Nadine Angerer beendete, sondern Kanada auch noch mal auf Schlagdistanz rangebracht hat, da wurden doch noch mal alle sehr nervös. Zum Schluss hat es aber glücklicherweise doch gereicht. Ein guter Auftakt fürs Team und ein schöner Tag im Olympiastadion.

Meine Erwartungen ans Eröffnungsspiel der Frauen WM wurden jedenfalls voll erfüllt, denn die Stimmung hatte ich mir genau so erhofft. Ein echtes Heimspiel mit einer großen Kulisse. Dass es nebenbei noch ein Europazuschauerrekord für ein Frauen-Spiel war und die Frauen eine absolut imposante TV-Einschaltquote produziert haben, sei am Rande bemerkt.

Der Vergleich mit der Männer WM 2006 ist aber aus meiner Sicht so oder so ziemlich unfair. Zum einen kann nichts, aber auch wirklich nichts die WM 2006 toppen, weil es eben once in a lifetime, die perfekten 4 Wochen war und zum anderen fallen ja im Vergleich zur WM 2006 auch zahlreiche andere Männer WMs in der Vergangenheit weit ab. 😉 Ich finde sowas sollte man nicht vergessen und ich glaube die Fußball WM der Frauen 2011 wird in allen Belangen die beste Frauen Fußball WM ever!

Wie schon weiter oben gesagt: Man sollte es halt nicht miteinander vergleichen. Lasst euch einfach mal drauf ein, das macht nämlich Spaß!

Ich freue mich jetzt auf das Viertelfinale in Wolfsburg, hoffentlich mit der deutschen Mannschaft!