Olympic Diaries London 2012 Episode 2: Schwimmen und der Beste aller Zeiten!

London 2012, Olympische Spiele, Randsportarten Add comments

Schwimmen sollte also der Startschuss unseres persönlichen Olympiafahrplans sein. Wie in der ersten Episode schon erwähnt, steht Schwimmen für mich, wie wenig andere Sportarten, für olympische Spiele. Ich habe das immer schon gerne geschaut und wer erinnert sich nicht an den Tag, als Jörg Wontorra damals 1984 den Albatros über 200m Schmetterling in Los Angeles zum Sieg gebrüllt hat? Ein durchaus prägendes Fernseherlebnis meiner Kindheit. – Die Welt wäre im übrigen heute eine bessere, wenn Jörg Wontorra beim Schwimmen geblieben wäre, anstatt uns jetzt jeden Sonntag morgen mit der Doppelpass Ex-Fußballer ohne weitere Verwendung – Runde auf den Zeiger zu gehen. Gut, aber das sei jetzt nur am Rande erwähnt.

Schwimmen spielt also in meinen Sporterinnerungen eine zentrale Rolle, um so aufregender da mal live dabei sein zu können. Und dann noch während olympischer Spiele! Und dann noch am letzten Tag, wenn die großen Staffeln geschwommen werden! Tja und als wenn das alles nicht schon genug wäre (wäre es!), dann halt auch noch an dem Tag, an dem der absolut beste Schwimmer aller Zeiten sein letztes Rennen schwimmt: Michael Phelps!

Rein in diese doch deutlich größere Schwimmhalle als erwartet und dann ging es erst mal ein paar Stockwerke nach oben. Dabei hab ich auch die erste interessante Überraschung meiner Live-Schwimmevent-Premiere erlebt: Alter Schwede, ist das heiss in diesem Schwimmbad! Da hatte ich ja original überhaupt nicht drüber nachgedacht, wir sind offensichtlich direkt in den Warmbadetag geraten. Ich habe mich spontan und hektisch umgeschaut, wo sie in der Halle gerade den Aufguss machen. Man will ja auch nicht aus dem Nichts plötzlich mit dem Birkenzweig gepeitscht werden. Ich kann euch sagen, nachdem man also irgendwann oben im Oberrang angekommen ist, sucht man aber auch direkt den Typen mit den Goldmedaillen für den Aufstieg! :) Das ist natürlich immer so ein bisschen der Nachteil der Suche nach den Tickets in den günstigsten Kategorien: Man sitzt dann halt tendentiell eher seltener direkt am Becken. Die Schwimmhalle sieht ansonsten von innen ein bisschen aus wie ein gestrandeter Blauwal und was zeichnet Blauwale aus? Richtig, ein ziemlich großer Rumpf! Das hat jetzt dann leider den minimalen Nachteil, dass man nur den Dachwal sieht und eben nicht die gegenüber liegende Tribüne. Ich hab mich direkt fast gefühlt wie damals im Nou Camp…

Der Stimmung in der Halle hat das aber keinen Abbruch getan und kaum geht das Fernsehen auf Sendung legt die Veranstaltung auch zack zack los. Da jagt dann ein Schwimmwettbewerb den nächsten. Eine wirklich sehr kurzweilige, wenn auch schwitzige Veranstaltung. Deutsche Schwimmer hatten bei dieser Olympiade ja mit den Medaillenvergaben nichts zu tun und sie wollten auch nicht zur Feier des Tages aus diesem Rhythmus ausbrechen. Einzig die 4×100 Meter Staffel der Männer hat aus meiner Sicht wirklich gut gekämpft und alles rausgeholt. Das hat zwar nicht für die ersten 3 Ränge gereicht, weil vorne eben echt die Post abging, aber sie haben sichtbar alles gegeben und das ist dann für mich wenigstens ebenso gut.

Die Stimmung in der Halle haben aber die Holländer, Australier und Amerikaner gemacht. Die waren gut drauf, Kunststück bei denen haben ja auch die Schwimmer ständig Medaillen gewonnen. Gerade die Staffelwettbewerbe habe ich aber als unglaublich gutes, spannendes Liveerlebnis wahrgenommen. Es schadet dabei logischerweise auch überhaupt nicht, wenn da so ein Chinese über 1500 Meter von der ersten Bahn an 2 Sekunden unter Weltrekord loslegt, das am Ende auch noch durchhält und seinen eigenen Weltrekord pulverisiert. Als ein ähnliches Kunststück danach auch noch der 4×100 Meter Staffel der Amerikanerinnen gelungen ist, war die Atmosphäre fraglos sehr gut in der Halle. Das hat echt viel Spaß gemacht. Na ja und nach einigen wirklich guten Rennen und wie gesagt sogar 2 Weltrekorden, kam dann das absolute Highlight: Das letzte Rennen von Michael Phelps. 4×100 Lagen der Männer.

Der Bedeutung war ich mir ehrlich gesagt gar nicht so direkt bewusst, als ich die erfolgreiche Ticketbestätigung nach 10 Minuten Dauer-Requesten auf dem Screen aufflackern sah. Man kann über amerikanische Athleten sagen was man will und über Michael Phelps bestimmt auch, aber man muss sich das dennoch mal bildlich vorstellen: Der kommt mit bereits 14 gewonnenen olympischen Goldmedaillen nach London. In Worten: vierzehn! Das ist so, so viel mehr, als jeder Olympionike erreicht hat, dass er ohne ein einziges Rennen in London zu schwimmen schon einen zementierten Status in der Geschichte sicher hat. Meine allergrößte Bewunderung galt im Sport schon immer den Spielern und Athleten, die auf dem maximalen Höhepunkt und dem maximalen Erfolg weiterhin versuchen noch besser zu werden. Dieses niemals satt werden, dieses riesige innere Feuer und der damit verbundene wahnsinnige Ehrgeiz nach weiterem Erfolg, ist es was die Allergrößten des Sports von den Guten unterscheidet. Übersetzt: Genau das ist der Unterschied zwischen unserem wasserschluckenden Möchtegern-Schwimmstar-Pärchen, die sich im Fernsehen freuen, wenn andere schneller sind und eben einem Michael Phelps, der eine schwere Niederlage im ersten Rennen in London und den danach folgenden medialen Abgesang auf seine Karriere, als Motivation verwendet, um danach noch 4x olympisches Gold und 2x Silber zu gewinnen! Diese Leistung finde ich total Hammer!

Auch im letzten Rennen hat er seine Ausnahmestellung noch mal bestätigt. Phelps ist auf der Freistilstrecke sicher nicht mehr auf dem Level früherer Jahre, aber im Butterfly kann er nach wie vor jeden auf der Welt schlagen. Die amerikanische Staffel gewinnt also mit gutem Vorsprung die Goldmedaille und die Halle hat danach alle, aber vor allem Phelps entsprechend gefeiert.

Nach der offiziellen Siegerehrung wollte dann noch so ein ägyptischer Schwimmfunktionär, der Phelps ungefähr bis zum Knie ging, unbedingt mit ihm ein Foto machen und hat dafür so einen wirklich scheusslichen Pokal zusammenklöppeln lassen, den er ihm dann für seine Karriere überreicht hat. Ich dachte gleich retiren sie noch seine Badehose, aber glücklicherweise war da keine Nummer drauf, so dass die Funktionäre es letztendlich bei dem Pokal belassen haben. Da waren wir dann auch ein Stück weit froh, muss ich zugeben.

Es war aber natürlich insgesamt ein echt guter, besonderer Abend. Wir hatten irgendwie das Gefühl bei so einem besonderen olympischen Moment live dabei sein zu dürfen und wenn man das schon auf ner Tribüne spürt, ist es meistens auch nicht weit weg von der Realität. 😉

Nach der Veranstaltung noch Freund Stefan getroffen, der auch bei dem Event in der Halle war und mit ihm den Abend entspannt bei einem Bier im Pub am Kings Cross ausklingen lassen.

Das war doch schon mal ein echt guter Start in die Olympischen Spiele! More to come! :)

3 Responses to “Olympic Diaries London 2012 Episode 2: Schwimmen und der Beste aller Zeiten!”

  1. Heike Says:

    2 Stunden Gänsehaut trotz 30 Grad im Neonlicht. Sensationell! I like! :-)

  2. Selvet Says:

    So etwas Live mit zu erleben ist auch immer etwas ganz anderes als daheim vorm TV. Ich glaube, es ist gar nicht möglich die Begeisterung einzufangen, die blubbernden Moderatoren machen es oft nur schlechter.

  3. darkhorse Says:

    Albatros
    Erfolge bei Olympischen Spielen

    1984: Gold über 200 m Freistil und 100 m Schmetterling, Silber über 200 m Schmetterling und mit der 4×200 m Freistilstaffel
    1988: Gold über 200 m Schmetterling, Bronze mit der 4×200 m Freistilstaffel

    manchmal
    verschwimmen die erinnerungen :mrgreen:

Leave a Reply

WP Theme & Icons by N.Design Studio
Entries RSS Comments RSS Log in