Livesportfan Blog

Zur Abwechslung heute mal eine Geschichte aus einer anderen Liga. Ich war mit meinem sehr guten Freund Jörn (jep, der heisst tatsächlich wie ich)in England, allerdings nicht um Fußball zu schauen, sondern ganz im Gegenteil um unser NFL American Footballteam San Francisco 49ers beim einmaligen Gastspiel in Europa im Londoner Wembley Stadion anzufeuern. Das ist aber eine Story für sich, die erzähl ich morgen. 😉

Natürlich wirft man bei so einer Gelegenheit auch mal einen Blick in den Spielplan der Premierleague. Wenn man schon mal vor Ort ist…. Irgendwie muss man sich ja beschäftigen! Bedauerlicherweise war das am letzten Wochenende aber höchst bescheiden von der Konstellation: Die Premierleaguevereine in London haben entweder auswärts (Tottenham, Chelsea) oder gegeneinander (Arsenal gegen Westham) gespielt, oder sind der FC Fulham und interessieren mich somit schon mal gar nicht. Ich habe einen Moment über Arsenal London gegen West Ham United nachgedacht, das dann aber relativ schnell verworfen. Mir hat es Anfang des Jahres im Emirates nur bedingt gefallen und Arsenal nimmt es bei den Ticketpreisen ja definitiv auch von den Lebenden.

Was tun also mit dem angebrochenen Nachmittag? Schauen wir doch einfach mal, was sich in der zweiten englischen Liga so tut. Davon hab ich bisher immer weiten Abstand genommen, aber es gibt da natürlich 2,3 Vereine, die eine große Vergangenheit im englischen Fußball haben. Loftus Road, Heimat von QPR, der Queens Park Rangers hatte ich dabei hier und da schon mal im Auge. Wie der Zufall es so wollte (ist bei mir meistens Zufall…) hatte QPR dann auch am Samstag ein Heimspiel gegen die furchteinflößende Truppe aus Burnley!

Ich hatte im Vorfeld Tickets bei QPR übers Internet geordert, schön South Africa Stand, Haupttribüne für geringes Geld. Zum Thema Haupttribüne unternehme ich dann gleich noch mal einen ernsthaften Versuch, eure Vorstellung und Interpretation zu relativieren. Das ist nicht so wie bei uns…. 😉

QPR und das Stadion an der Loftus Road befindet sich im Westen von London. Morgens also mit Ryanair nach London gejettet, in Stansted gelandet, schön mit dem Zug in die Stadt und mehr oder weniger direkt zum Stadion im Stadtteil Shepards Bush.

Ich hatte bei der ganzen Nummer ehrlich gesagt so eine Mischung aus Hoffnung und Befürchtung, was uns da wohl erwarten würde. 😉 Letztendlich muss ich aber wirklich aus vollem Herzen sagen: Das war eine ganz geile Geschichte! Ich hatte gehofft, dass es genau so sein würde und meine Erwartung wurde sogar noch übertroffen! Da waren zu 120% genau all die Dinge, die den englischen Fußball auszeichnen und die ich am Fußball in England so liebe!

Man darf sich das so vorstellen: Ein kleines, altes Stadion mitten im Stadtteil. Im Vergleich zur White Hart Lane oder anderen schon durchaus sehr in die Umgebung integrierte Arenen, ist das Stadion an der Loftus Road aber mal wirklich direkt in den Vorgarten der Anwohner gebaut. So nach dem Motto: “Brauchst du den Stellplatz vor deinem Haus da noch oder können wir da unsere Südtribüne hinsetzen?” Stört da aber niemanden, Fußball ist halt eindeutig noch viel mehr tief verwurzelter Teil des täglichen Lebens, als bei uns. Im Prinzip ist das wie der Pub in groß mit Plastiksitzen. Die kennen sich da auf der Tribüne alle. Ein Geschnatter und Gepöbele von Gottes Gnaden. Ich mag das und wenn die Leute mitbekommen, dass man extra aus Deutschland kommt, um QPR zu sehen, dann sind sie sehr stolz und neugierig. Begreifen können sie das wohl meistens nicht so, aber sie freuen sich total darüber. So nach dem Motto: Habt ihr keinen eigenen Pub in Hamburg? 😉

QPR hat zudem ein Stadion mit einer baulichen Besonderheit: Es hat einen durchgehenden Rang, d.h. keine freistehenden Tribünen, was für die Atmosphäre sehr förderlich ist.

Enge Eingänge und noch engere Sitze. Das ist echt geil: Schön auf der Haupttribüne die teuersten Tickets gekauft (die zugegebenermaßen günstig waren) und nach vorne ca. die Hälfte des Sitzabstandes einer Ryanairmaschine. Wirklich kuschelig und am besten bewegt man sich nicht mehr, wenn man mal ne bequeme Sitzhaltung gefunden hat. 😉

Auch die Stimmung war typisch England: Sie singen, wenn sie Bock darauf haben, sie schimpfen, wenn der Gegner am Ball ist und sie finden der Schiri könnte mal weniger abpfeiffen – wenn man bedenkt, dass bei dem Spiel in Deutschland 3 vom Platz geflogen wären und ca. pro Halbzeit 45x aufgestützt abgepfiffen worden wäre, was den Schiri kein bisschen gekratzt hat, fand ich seine Spielführung eigentlich recht großzügig. 😉

Es war also zeitweise sehr laut, zeitweise ruhiger. Da man keine Getränke auf die Tribüne nehmen darf, fällt dafür aber dieses super nervige ständige Aufstehen und Hin- und Hergerenne aus. Die Leute setzen sich hin und schauen 45 Minuten Fußball, gehen dann ein Bier trinken und schauen noch mal 45 Minuten Fußball. Das ist völlig anders als bei uns! Es ist den Fans dort in der Masse einfach wichtiger. Das soll man bei uns mal auf der Haupttribüne einführen: Schnittchen is nicht mehr, schau gefälligst das Spiel! So könnte man die Logen auch leer bekommen. :))

Dann ist da natürlich noch das Spiel an sich gewesen. Gut, das war natürlich ein ganz übles Niveau, aber tendentiell etwas besser als erwartet. Queens Park Rangers stehen aktuell in der zweiten Liga oben und sind sehr gut in die Saison gestartet. Man konnte also leichte Hoffnung haben.

Burnley steht auch ganz gut und so war das Stadion mit 16.000 Zuschauern fast ausverkauft. – Das ist in der zweiten Liga durchaus eine Seltenheit. Die Premierleague zieht da doch sehr viel weg.

Gesehen haben wir dann aber doch 85 Minuten feinsten Kick and Rush allererster Güte. Das war englischer Fußball aus dem Lehrbuch! 85 Minuten nur hohe Bälle vorne rein und in den letzten 5 Minuten hat dann QPR beim Stand von 1:1 noch die Brechstange rausgeholt. 😉 Das passt da aber gut hin und war echt unterhaltsam. Die Zuschauer gehen da voll mit. Am Ende hätten die Rangers es dann auch fast noch gewonnen, aber Burnley hat sich mit Glück und Verstand über die Zeit gerettet.

Schuld war am Ende natürlich der Schiedsrichter, weil er, um meinen Sitznachbarn zu zitieren “sie ja niemals richtig hat ins Spiel kommen lassen” 😉

Insgesamt ein wirklich großartiger Nachmittag in einem sehr typischen, englischen Fußballumfeld! Hätte ich so tatsächlich nicht erwartet, empfehle ich jetzt aber gerne weiter. Ich bin mir sicher: Da war ich garantiert nicht das letzte Mal!

Die Footballgeschichte folgt.