Zurück an der Lane! Tottenham Hotspur v Manchester City 1:5
Fußball, Premier League, Tottenham Hotspur Add commentsAls nächstes Stand Teil 2 unseres kleinen England Double Headers auf dem Programm: the Team from the Lane, Tottenham Hotspur gegen das Team aus dem Parkhausstadion, Manchester City.
Wie mir in einer stillen Stunde aufgefallen ist, war ich nicht nur an der Anfield Road eine ganze Weile nicht, auch der letzte Besuch des Stadions an der White Hart Lane liegt tatsächlich schon länger zurück. Genau ein Jahr um exakt zu sein. Seinerzeit ein legendäres 1:1 in der Nachspielzeit gegen Damn United.
Es gibt ja überhaupt keine bessere Gelgenheit als einen Tag nach dem Merseyside Derby Tottenham gegen Manchester City zu schauen! Wieder unter Flutlicht, wieder vor ausverkauftem Haus!
Wir sind also morgens extrem entspannt in den Zug nach London gestiegen und waren frühzeitig an der Euston Station, im Transport Herzen der englischen Hauptstadt. Von dort sind es gefühlt 2 Minuten und man steht in der Lobby des Ibishotels. Ich bin gerne und oft in diesem Hotel, einfach weil es sowohl für An- und Abreise perfekt gelegen ist. Zudem stehe ich inzwischen auf dem Standpunkt, dass man nicht hunderte Pfund für Tickets rausballern kann, um diese dann über die übelsten Absteigen dieser Welt wieder rauszuholen. Das ist inkonsequent und Inkonsequenz gilt es ja grundsätzlich zu vermeiden.
Wir hatten also viel Zeit und glücklicherweise alle genau gleich viel Lust auf Sightseeing: nämlich original gar keine. Das mag jetzt verwunderlich klingen, aber London ist eine dieser Städte wo ich mit Sicherheit sagen kann, dass es immer einen weiteren Besuch geben wird. Es wird also somit auch wieder mal eine Gelegenheit für mehr Tourismusaktivitat geben. Also waren wir nur schnell bei Wagamama (ich liebe Wagamama!) etwas essen. Im schönen White Hart Pub noch schnell Freund Stefan bei einem Pint eingesammelt und schon ging es raus in den Stadtteil.
Bekannterweise liebe ich Tottenham. Nicht nur den Club, sondern vor allem das Viertel. Das hat noch so ein paar rauhe Ecken und Kanten, die heutzutage ja leider immer mehr aus den Großstädten verbannt werden. Neudeutsch nennt sich dieses Phänomen Gentrifizierung. Eine schlechte Entwicklung aus meiner Sicht, aber in Tottenham ist die Welt in dem Zusammenhang noch einigermaßen in Ordnung. Das Viertel ist ganz und gar nicht glattgebürstet und eben auch recht multikulturell. Ich mag das.
Wir sind dann mit den Jungs im Pub gewesen. Einer dieser ganz typischen Homesupporter Fußball Pubs, die es in England immer in der Nähe der Stadien gibt: The Bricklayers! Eng, voll, ein bisschen muffig vom Geruch, aber eben auch dadurch sehr typisch. Hier trifft man dann auch noch den typischen Engländer, Modell tättowierter Hafenarbeiter. – ohne Hafen allerdings. Eintritt in diese Pubs nur mit Ticket, Membercard oder als klar erkennbarer Heimfan. Auch das ist tatsächlich kein Scherz.
Das war also ein kurzweiliger Nachmittag und wenn es etwas wärmer gewesen wäre, hätte man den Außenbereich mit Grill- und Zapfstation vermutlich noch etwas mehr genießen können.
Irgendwann ging es dann ins Stadion. Stefan hatte uns 5 wirklich sensationelle Tickets besorgt! Unterrang, direkt rechts vom Tor, Reihe 2! Wenn ich mir in diesem Stadion Plätze frei aussuchen könnte, wären es exakt diese geworden! Je dichter am Feld desto besser. Und es gibt wenig Stadien auf der Welt wo man bei einem Topsspiel der ersten Liga so dermaßen dicht am Spielfeldrand stehen kann. Das ist an der White Hart Lane selbst für englische Verhältnisse nah. Sehr, sehr nah! Dazu kommt da ja immer noch, dass es keine Fangnetze, Bänden, Zäune, oder Gräben gibt, mit denen Zuschauer in deutschen Stadien belästigt werden. Warum auch immer muss man echt fragen, denn es wird wohl in keinem deutschen Stadion so dauerhaft und unflätig geflucht wie in den englischen! Der englische Supporter geht mit dem klaren Ziel ins Stadion die ganze beschissene Woche in 90 Minuten aufzuarbeiten. – meistens sind sie damit bis zur Halbzeit durch und danach wird nur noch so aus Lust und Laune weiter geflucht und geschimpft. Teilweise finde ich das schon fast wieder lustig, weil die Leute da echt Energie investieren und richtig gute Ausdauerwerte haben. Das ist nicht so ein kurzer Schreikrampf wie ich ihn manchmal habe, nein, das ist eine ausgewachsene Schimpftirade aller erster Güte. Wenn das dann die ganze Tribüne macht, kann man sich vorstellen was da los ist. Da wird auch überhaupt niemand verschont. Und wenn dann noch John Terry mit Chelsea im Stadion ist, konzentrieren sie sich am liebsten auf den. Ich habe es noch nicht 100% ergründet, aber Terry ist tatsächlich überall so eine Reizfigur.
Gegen Man City waren naturgemäß aber leider weder John Terry, noch Wayne Rooney zugegen, also hatte es ihnen der Schiedsrichter angetan. Der hat in den Augen der Heimfans doch einen ziemlichen Stuss zusammen gepfiffen und wurde mit zunehmender Spielzeit immer mehr zur verbalen Zielscheibe.
Der neutrale Beobachter würde an dieser Stelle anmerken, dass der Frust möglicherweise auch damit zusammen hing, dass Tottenham Hotspur an diesem Tag einfach absolut und völlig chancenlos gegen Manchester City war. So chancenlos wie ich sie an der Lane tatsächlich noch nie erlebt habe! Normalerweise sind die Spurs zuhause stark oder zumindestens stärker als auswärts. In diesem Spiel galten diese ganzen Gesetze aber nicht. Die in feinstem trabbiblau gekleidete Scheichtruppe aus den mittelenglischen Emiraten hat sie einfach mal völlig humorlos an die Wand genagelt. Es sah dabei noch nicht mal so aus, als wenn sie im letzten Gang unterwegs gewesen wären
Aguero macht nach feinem Pass das 1:0. Die gesamte Viererkette der Spurs begleitete diese schöne Aktion in vorbildlicher Fahrschulmanier: Viel Sicherheitsabstand, rechtzeitig bremsen und die himmelblaue argentinische Rakete bloß nicht beim Torschuss nötigen! Tottenham hat sich dann in der Folge zwar schon bemüht, aber sie sind im zentralen Mittelfeld einfach zu schwach gewesen. Genau da liegt aber die Stärke von City. Touré, David Silva… Die haben einfach eine ganze Menge exzellente Fußballer. Auch wenn ich City nicht sonderlich mag, so muss man doch eingestehen welch feine Fußballmannschaft das aktuell ist.
Das Niveau von City hat mich an diesem Abend schon beeindruckt, muss ich zugeben. Ganz sauberer, technisch hochklassiger Fußball von hinten raus. In der Folge fielen dann auch munter die weiteren Tore bis sie irgendwann keine Lust mehr hatten. – man kann die Stärke einer Mannschaft übrigens an einer Sache hervorragend ableiten: wenn ein Team in der Lage ist eine gegnerische Topmannschaft im eigenen Stadion zu beherrschen, obwohl Martin Demichelis in der Startformation steht, muss es sich wirklich um eine überragende Truppe handeln!
Tottenham Hotspur hat zwar noch den Ehrentreffer erzielt, aber insgesamt war das schon für die ganze Supporterschaft ein sehr ernüchternder Abend. Na ja und ernüchternd kombiniert mit ziemlich kalt ist dann auch nicht mehr vergnügenssteuerpflichtig.
Wir hätten natürlich auch lieber einen Sieg der Spurs gesehen, aber wir hatten dennoch Spaß im Stadion. Zum einen war es ein dennoch ansehnliches Fußballspiel mit von City gut rausgespielten Toren, zum anderen bin ich eben einfach gerne an der White Hart Lane!
Wir sind natürlich trotz des klaren Ergebnisses bis zum Ende geblieben. Nach dem Spiel gab es erst hinter dem South Stand noch den obligatorischen Zwiebelburger, bevor wir zur Nachbereitung der erlebten 90 Minuten ins Bell & Hare an der Ecke gegangen sind. – auch das absolut obligatorisch!
Ein echt schöner Fußballtrip nach England ging damit auch schon wieder langsam zu Ende. Als wir am nächsten Morgen im Flieger gen Heimat saßen waren wir uns aber alle einig: Next Season again!
Wer jetzt glaubt das war es erst mal wieder mit den Fussballtrips und ich gebe 6 Monate Ruhe täuscht sich ganz gewaltig! Es ging in den nächsten Wochen Schlag auf Schlag weiter. Nur knapp eine Woche später stand zum Beispiel etwas ganz Neues für mich auf dem Programm: die Bielefelder Alm!
March 17th, 2014 at 11:49 pm
[…] ihr habt richtig gelesen. Eben noch in England in der besten Liga der Welt und kaum zurück findet man sich schon in den Niederungen der zweiten […]